Wandern in England ist anders als Wandern in der Schweiz. Wege, die öffentlich sind, werden in Karten speziell als „Public Footpath“ gekennzeichnet. Wegweiser sind rar, da braucht es gute Karten und guten Orientierungssinn. Schliesslich sind englische Landschaften durchzogen von Steinmauern und es gibt zahlreiche Varianten, von der einen Seite der Mauer (oder des Zauns) auf die andere Seite zu gelangen — „Kissing Gates“ sind nur eine davon.

Stichwort: Public Footpath

Gemäss Wikipedia gibt es in England und Wales kein allgemeines Betretungsrecht für Fluren und Wälder, um so wichtiger sind öffentliche Fusswege. Die Wegerechte, die einem Public Footpath zugrunde liegen, reichen manchmal bis ins Mittelalter zurück und werden vehement verteidigt. Die Grundbesitzer und -pächter sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ein Public Footpath, der über ihr Land führt, ohne Gefahr benutzt werden kann. Dennoch gibt es viele Grundbesitzer, denen es lästig ist, dass ein öffentlicher Fussweg über ihr Gelände führt, und die alles tun, um Wanderer und Fussgängerinnen abzuschrecken: Sie tun nichts, um die Wege instand zu halten, und lassen sie einwachsen, so dass sie kaum mehr zu finden sind. Oder sie sorgen dafür, dass Wege über ihr Grundstück verlegt werden, wie dieses Beispiel zeigt:


Ein Gutsbesitzer, der seinen Hof in ein Luxusanwesen mit Tennisplatz, Reitstall etc. umgewandelt hat, will die öffentlichen Fusswege (22 und 24), die mitten durch sein Anwesen führen, nicht mehr dulden. Der Public Footpath ist allerdings eine heilige Kuh, die man nicht los wird. Deshalb hat er mit den Behörden einen Kompromiss ausgehandelt: Die Wege werden gemäss diesem Plan verlegt.

Der Public Footpath ist in England eine Institution und wird auf den Karten der Ordnance Survey, den britischen Landeskarten, grün gestrichelt dargestellt:


Uns so sieht das Public Footpath-Netz rund um den Tennisplatz-Reitstall-Luxusgutshof auf der Karte der Ordnance Survey aus: Grün gestrichelt führen die Wege um den Hof herum. Quelle: Distance Calculator Hadrianswallweg der britischen Weitwanderwege

Stichwort: Wanderwege

In England kann man gut wandern, aber leider sind die Wanderwege, die nicht zu einem nationalen Weiterwanderweg gehören, schlecht oder gar nicht markiert. Bestenfalls findet man am Anfang eines Wegs einen Wegweiser mit der Aufschrift „To Skiddaw 4 miles“ (vgl. Wanderung zum Skiddaw). Das wars dann aber auch schon mit der Information für den Wanderer unterwegs: keine weiteren Wegweiser, keine Wegmarkierungen, nichts. Im zweitbesten Fall markiert ein Wegweiser mit der Aufschrift „Public Footpath“ den Beginn eines Wanderwegs, nett wärs, wenn man erfahren würde, wohin der Weg führt. Schlechtestenfalls aber zweigt der Weg mitten in einer Wiese ab und anfänglich ist keine Wegspur zu erkennen. Ohne gute Karten und gutes Orientierungsvermögen ist man da — auch in einem Wandergebiet wie dem Lake District — verloren. Die Briten überlassen es der einzelnen Wanderin, dem einzelnen Fussgänger, sich im Gelände zurechtzufinden. Wer sich nicht orientieren kann, soll zu Hause bleiben.

Stichwort: Kissing Gates

In einem Design-Handbuch des U.S. Department of Tranportation fand ich diese Skizze eines rollstuhlgängigen Kissing Gates:


GOOD DESIGN: The kissing gate allows pedestrian access, but prevents animals from leaving the fenced area. In this design, the user pushes the gate in front of them, enters the holding area, and then swings the gate over to pass through. Quelle: Federal Highway Administration

Allerdings: Ein rollstuhlgängiges Kissing Gate am Anfang einer Viehweide genügt nicht, auch der Rest des Wegs müsste dann rollstuhlgängig sein. Die englischen Mauer- und Zauntritte in der obigen Slideshow sind zwar einfallsreich, würden aber beim Wanderweg-Design-Contest glatt durchfallen.