Am Tag 4 in der Sächsischen Schweiz wandern wir nur wenig und beschäftigen uns dafür um so intensiver mit sächsischer Geschichte: Wir besichtigen die Festung Königstein und bewegen uns dabei auf Napoleons Spuren.
Obwohl der S-Bahn-Verkehr zwischen Pirna und Schöna immer noch beeinträchtigt ist, ist es eigentlich einfach, mit dem öV zu den Ausgangs- und Endpunkten von Wanderungen zu gelangen. Dank Verkehrsverbund Oberelbe gilt z.B. das Fährticket auch im Bus oder in der S-Bahn nach Königstein. Am Ausgangspunkt unserer Rundwanderung auf die Festung Königstein sind die Aufräumarbeiten nach dem Hochwasser noch voll im Gang und wir nehmen den knapp stündigen Aufstieg unter die Füsse.
Im Reduit der Sächsischen Schweiz
Geschichtslektion 1:
Wie die Schweiz hatte auch die sächsische Schweiz ein Reduit, ein leicht zu verteidigendes Rückzugsgebiet, das als schwer einnehmbar galt. Zu Beginn des Siebenjährigen Kriegs (1756 – 1763) wurde die sächsische Armee allseits von den Preussen bedrängt. Darauf hin zog sich Kurfürst Friedrich August II. (1696 – 1763) mit seiner Armee ins sächsische Reduit um die Festung Königstein zurück. Den Preussen gelang es aber ins „uneinnehmbare“ Reduit einzudringen. In Bedrängnis und in der Hoffnung auf Hilfe der Österreicher überquerten die Sachsen mit einer Pontonbrücke die Elbe, mussten aber all ihr schweres Material zurücklassen. Doch diese logistische Parforce-Leistung half nichts: Hungrig und vom Regen durchnässt wurde die ganze Sächsische Armee auf der Ebenheit am Fuss des Liliensteins gefangen genommen — der in der Festung Königstein zurück gebliebene Kurfürst musste tatenlos von oben zusehen. Mit dieser Niederlage ging eine glanzvolle Ära zu Ende und Sachsen in den finanziellen Ruin.
Grössenwahnsinniges Weinfass
Geschichtslektion 2:
Auf einer solch gigantischen Festung braucht es eine entsprechende Infrastruktur: ein Brunnenhaus mit einem über 150 Meter tiefen Sodbrunnen, ein raffiniert gebautes Schatzhaus für den Sächsischen Staatsschatz, einen riesigen Keller für die Lagerung von Vorräten etc. etc. — ob es allerdings Sinn machte, ein 238’000-Liter-Weinfass bauen zu lassen, wie es 1725 August der Starke tat, nur um den Kurfürsten von der Pfalz im Wettstreit um den Bau des grössten Weinfasses zu besiegen, darf bezweifelt werden…
Auf Napoleons Spuren
Geschichtslektion 3:
Napoleon Bonaparte besuchte die Festung Königstein am 20. Juni 1813. Er inspizierte die Verteidigungsanlage, die ihm zu dieser Zeit unterstand. Als er den gewaltigen Felsen sah, wollte er schon umkehren, weil er den Aufstieg scheute. Mit dem Argument, man könne von oben das Debakel der Sächsischen Armee im Siebenjährigen Krieg (siehe oben) nachvollziehen, konnten seine Begleiter ihn schliesslich überzeugen, doch noch zur Festung hochzusteigen (vgl. blog.festung-koenigstein.de). Die Sonderausstellung zum 200-jährigen Jubiläum des Napoleonbesuchs mit dem Titel Sachsen und Napoleon – ein Pakt mit dem Teufel? zeigt sehr schön, wie fatal diese Zwangsliaison für Sachsen war (noch bis 3. November 2013).
Von der Festung geht es auf einer anderen Route wieder runter in den Ort Königstein, von wo wir mit S-Bahn und Fähre nach Bad Schandau zurückfahren.
Fazit: Eine faszinierende Festung mit toller Aussicht und einigen interessanten Einsichten in die Weltgeschichte.
29. Juli 2013 um 18:39 Uhr
ich bekomme den eindruck, dass ICH zu kurz da war;-)
31. Juli 2013 um 10:12 Uhr
REPLY:
Man kann auch zu lange da sein 😉 — Ich denke dabei an die zahlreichen Häftlinge, die z.T. jahrelang in den feuchten Kerkern auf Königstein einsassen, vgl. http://www.festung.de/beruehmte-gefangene.html.