Die Urner und Urnerinnen konnten heute in einer Konsultativabstimmung ihre Meinung darüber abgeben, wie ab 2020 der Gotthardstrassentunnel saniert werden soll. Der Bau einer zweiten Tunnelröhre wurde klar abgelehnt. Bravo!

Für die Sanierung des 1980 eröffneten Tunnels muss die bestehende Röhre mindestens zweieinhalb Jahre lang — bei einer Etappierung noch länger — total gesperrt werden. Als Alternativen dazu standen zur Auswahl:

  1. eine Standesinitiative der jungen SVP, die den Bau einer zweiten Tunnelröhre, die Sanierung der alten Röhre und danach den richtungsgetrennten Betrieb mit je einer Spur in jede Richtung vorsah.
  2. ein Gegenvorschlag der Urner Regierung, die eine zweite Röhre bauen und im Gegenverkehr betreiben wollte. Bei diesem Vorschlag würde die alte Röhre nicht saniert, sondern stillgelegt.

Der Bau einer zweiten Röhre führt längerfristig zu einer Kapazitätserweiterung im alpenquerenden Strassenverkehr durch den Gotthard, glaubt doch niemand im Ernst daran, dass bei Variante 1 die beiden Röhren dauerhaft einspurig betrieben werden und dass bei Variante 2 die alte Röhre dauerhaft aus dem Verkehr gezogen wird. Doch das Urner Stimmvolk liess sich nicht für dumm verkaufen und lehnte die Standesinitiative mit 56.9% Nein, den Gegenvorschlag gar mit 68.6% Nein ab. Die Stimmbeteiligung war mit 52.4% relativ hoch. Es bestätigt damit einmal mehr die Alpen-Initiative, die dafür kämpft, dass der alpenquerende Transitverkehr auf die Schiene verlagert wird. Das letzte Wort bei der Sanierung des Gotthardstrassentunnels hat allerdings nicht der Kanton Uri, sondern der Bund.

Trotz des klaren Verdikts ist es interessant, wer wo im Kanton Uri wie gestimmt hat:

Datenquelle: http://www.ur.ch/dateimanager/abstmai2011stat.pdf

Die Karte zeigt die Nein-Stimmenanteile zur Standesinitiative. Im dichter bevölkerten und vom Verkehr mehr betroffenen Talboden des Urner Haupttals wurde die zweite Röhre bachab geschickt, während die peripher gelegenen Urner Gemeinden im Schächental und im Urserental, die nicht an der Transitachse liegen bzw. vom Gotthardtunnel unterfahren werden,die zweite Röhre befürwortet haben. Nicht ins Schema passt Flüelen, das anders als die benachbarten Gemeinden die Standesinitiative mit 50.4% Ja angenommen hat.


Diese Grafik der Alpen-Initiative zeigt, dass die bisherige Verlagerungspolitik nur zu einer Plafonierung des Transitverkehrs geführt hat, das verfassungsmässige Verlagerungsziel aber noch lange nicht erreicht ist.

Mit der Ablehnung der zweiten Röhre signalisieren die Urner und Urnerinnen, dass sie die einmalige Chance packen wollen, die sich mit der Eröffnung des neuen Eisenbahntunnels in Kombination mit einer zwei- bis dreijährigen Sperrung des Strassentunnels bietet: die Chance zu einer massiven Verlagerung des Transitverkehrs von der Strasse auf die Schiene. Ein Bravo und ein Dankeschön nach Uri!