Wer durch die Bretagne reist, trifft überall auf Maler, seltener auf Malerinnen, die sich von den Landschaften, vom Meer und vom Licht und vom bretonischen Leben inspirieren liessen. Dass sich die Bretagne mit den Werken von Gauguin, Monet, Sérusier, Picasso etc. bestens vermarkten lässt, hat auch der bretonische Tourismusverband gemerkt: Was grosse Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts gemalt haben, könnte auch den Bretagne-Reisenden von heute gefallen.
Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich über Kunst als Tourismuspromo schreibe: Im Beitrag Schweiz — Sächsische Schweiz z.B. habe ich über den Malerweg (Wanderung durch die sächsische Schweiz in acht Etappen) geschrieben. Oder: In Maloja, der letzten Wirkungsstätte Giovanni Segantini (1858-1899) gibt es den Sentiero Segantini, der Besucher:innen mit einem zweistündigen Spaziergang und 14 Schautafeln Segantinis Leben und Werk näher bringt.
Beim Rotpunktverlag gibt’s mehrere Wanderführer unter dem Label «Wandern wie gemalt», die sich auf die Spuren bekannter Gemälde machen. Im Band Wandern wie gemalt — Gotthardregion führt die erste von 14 Wanderungen z.B. an den Ort, wo der Maler Charles Giron (1850-1914) seine Skizzen und Entwürfe machte für das monumentale Wandbild Die Wiege der Eidgenossenschaft, das den Nationalratssaal in Bern schmückt. Das Autorenpaar zeigt, dass Giron in seinem Wandbild die Perspektiven von zwei Standorten vereinigt hat.
Chemin des Peintres
Malerwege gibt’s natürlich auch in der Bretagne, wo im 19. und 20. Jahrhundert einzelne Küstenorte und Seebäder zu eigentlichen Künstlerkolonien wurden. Fast gänzlich verpasst haben wir den Chemin des Peintres de la Côte d’Émeraude, der auf einem etwa 20 km langen Parcours zwischen Saint-Briac-sur-Mer und Dinard auf 22 Informationstafeln 28 Werke von 16 Künstlern und 1 Künstlerin präsentiert. Eigentlich ist der Vergleich der künstlerischen Wahrnehmung von damals mit der Realität von heute interessant: Was hat sich verändert? Welchen Eindruck, welches Gefühl vermittelt das Werk? Hätten wir also den Prospekt (PDF) zur Hand gehabt, wären wir allenfalls der Smaragdküste entlang gewandert, um die Werke der berühmten Maler:innen abzuklappern. So mussten wir uns nur zwischen Gezeitenkraftwerk und Künstlerstädtchen Dinard entscheiden (vgl. Dinard — entscheiden, was wichtig ist von Frau Frogg).
Sollten wir also wieder einmal Ferien in der Bretagne machen, würden wir uns Dinard, das einstige Seebad der High Society genauer ansehen: Hier stehen über 400 Villen aus der Belle Époque unter Denkmalschutz, hier vergnügten sich Picasso und Debussy an den Stränden der Bohème, hier könnte man sich auf dem Malerweg zwischen Saint-Briac und Dinard auf die Spuren des Tourismus-Unternehmers Sylla Laraque machen — der mit Zuckerrohr reich gewordene Haitianer verliebte sich in Saint-Lunaire und verwandelte das Dorf in ein prestigeträchtiges Resort.
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