Schon mal was von der „grünen Wüste“ gehört? Nein? Ich auch nicht. Dieses Stichwort würde ich eher mit Bewässerungsprojekten in der Sahara in Verbindung bringen, aber sicher nicht mit Bienen auf dem Land.
Heute hörte ich auf Schweizer Radio DRS einen leicht irritierenden Beitrag von Andrea Jaggi über Bienen in der Stadt und Imker und Imkerinnen, die in der Stadt Biohonig produzieren. Stutzig machte mich die Bemerkung des Stadtberner Imkers Peter Linder, dass in der Stadt die Bedingungen für die Honigbienen oft besser seien als auf dem Land, wo es den Bienen nach dem Ende der Rapsblüte und der Löwenzahnblüte an Nahrung fehle. Zum Teil müssten sie sogar zusätzlich gefüttert werden — ImkerInnen würden deswegen von der „grünen Wüste“ reden. Ist die Biodiversität in der Stadt also grösser als auf dem Land? Auch die Bio-Qualität sei trotz der grösseren Schadstoffbelastung in der Stadt problemlos zu erreichen. Und last but not least läge das Imkern in der Stadt im Trend — viele StädterInnen würden sich für dieses anspruchsvolle Hobby interessieren und entsprechende Kurse absolvieren.
Interessant, aber doch irgendwie irritierend: Urbane Zonen werden immer „ländlicher“, während rurale Gebiete zur „grünen Wüste“ verkommen.
13. Juni 2011 um 14:34 Uhr
Ich habe über New Yorker Großstadthonig mal eine gute Kurzreportage gesehen, die ich leider nicht mehr finde.
Ersatzweise eben diesen.
14. Juni 2011 um 9:21 Uhr
REPLY:
…tönt verheissungsvoll. Danke für den Hinweis auf die Reportage, die in etwa das Gleiche thematisiert wie der Radiobericht, den ich gehört habe — nur grossstädtischer.
15. Juni 2011 um 11:26 Uhr
Ich als Bernerin würde Bern auch nicht unbedingt als Stadt bezeichnen. Bern ist tatsächlich ein Ministädtchen mit vielen Grünflächen. Vielleicht macht Bern hier und dort mal kurz einen städtischen Eindruck, das ist aber reine Täuschung.
16. Juni 2011 um 19:27 Uhr
Den Abschlusssatz kann ich nur unterstreichen. In jener sehr ländlichen Region, aus der ich stamme, schauts mittlerweile durch jahrelangen Raubbau an der Natur (exzessive Bewirtschaftung, Unkraut- und Insektenbekämpfungsmittel, „Kultivierung“ jedes letzten Fleckchens Wildnis, bei Tieren auch der Tod auf nächtlichen Straßen) mit der Artenvielfalt nicht mehr gut aus, wohingegen ich hier in Wien auf freier Wildbahn beispielsweise Pflanzen und Schmetterlinge sehe, die mir seit meiner Kindheit nicht mehr begegnet sind. Hier am Stadtrand habe ich übrigens im einem Winter den ersten Fuchs meines Lebens gesehen – ein prächtiges, ausgewachsenes Tier, und eine Erscheinung, die den Bewohnern meines Grätzels nicht fremd ist, ebensowenig wie Dachse.