Die nächste Expedition in die Agglo ist eigentlich eine Expedition in die Luzerner Industriegeschichte. Sie führt zunächst flussabwärts bis zur Einmündung der Kleinen Emme in die Reuss, dann flussaufwärts via Emmenweid und Littauerboden bis zur S-Bahn-Station Littau.

Diese zwei-, mit Pausen dreistündige Flusswanderung ist der Industriegeschichte gewidmet: Wir wandern vom ältesten Industriestandort der Stadt Luzern, den ehemaligen Stadtmühlen am Mühlenplatz, über die Viscosistadt in Emmenbrücke bis zur „neusten“ grossindustriellen Anlage in der Agglo, dem kombinierten Stab- und Drahtwarmwalzwerk der Steeltec, das 1980 auf dem Littauerboden den Betrieb aufnahm. Wer leidlich gut zu Fuss ist und am Mittwochnachmittag 19.5.21, Lust und Zeit für eine Nachmittagswanderung hat, ist herzlich eingeladen. Da die Zahl der Teilnehmenden auf 15 beschränkt ist, ist die Anmeldung obligatorisch.

Die Expeditionsroute

Die Route führt vom Bahnhofplatz Luzern (S) über den Mühlenplatz (1), die ehemalige Reussinsel (2), das Areal der Viscosuisse (3/4) und die Steeltec-Werke (5/6) zur S-Bahn-Station Littau (Z).

Diese gut 8 km lange Flusswanderung entlang der Reuss und der Kleinen Emme ist eher ein Flussspaziergang, geht es doch nur unmerklich abwärts und wieder aufwärts. Allerdings: Nur an wenigen Stellen hat diese Flusslandschaft einen idyllischen Charakter, denn das Reusstal zwischen Luzern und Seetalplatz ist eng und voll von Verkehrsinfrastruktur (Autobahn, Strassen, Brücken, Bahngeleise). Auch die Kleine Emme ist kein idyllisch dahin plätscherndes Flüsschen, sondern ein zwischen Mauern und Dämmen kanalisierter Fluss, der immer wieder (letztmals beim Hochwasser von 2005) verheerende Überschwemmungen bringt. Auch die Industriebauten im zweiten Teil dieser Agglo-Expedition sind keine Augenweide, viel eher etwas für Industrieromantiker und -romantikerinnen.

Warum ausserhalb der Stadt?

Einerseits setzte die Stadt Luzern schon früh auf den Tourismus, sie sorgte deshalb dafür, dass die Industrie, die das Bild einer gastfreundlichen Stadt am See hätte beeinträchtigen können, ausserhalb der Stadt in der heutigen Agglo angesiedelt wurde. Andererseits ist nicht jeder Standort für eine Industrieansiedlung geeignet, denn es braucht günstige Energie — früher Wasserkraft z.B. zum Antrieb von Mühlen, heute Elektrizität z.B. zum Schmelzen von Alteisen für die Stahlproduktion. Dann braucht es einen guten Anschluss ans Verkehrsnetz, denn die benötigten Rohstoffe (z.B. Weizen, Alteisen-Schrott) und die angefertigten Produkte (z.B. Mehl, Stahldrahtrollen) müssen effizient an- und wieder abtransportiert werden können. Die Industrie des 20. Jahrhunderts brauchte überdies für ihre Produktionsanlagen oft grosse, ebene Flächen und last but not least ein grosses Angebot an Arbeitskräften. Die Viscosuisse SA in Emmenbrücke zum Beispiel beschäftigte in den frühen 70er Jahren 5500 Personen und war mit Abstand die grösste Arbeitgeberin in der Region. All diese Standortfaktoren waren entlang der Reuss und der Kleinen Emme in genügendem Ausmass vorhanden, so dass sich die beiden Flusstäler zum Industriestandort Nr. 1 in der Region Luzern entwickelten.

Was gibt’s unterwegs zu sehen?

Von den Mühlen in der Altstadt ist ausser des Nadelwehrs, das die Reuss so kanalisiert, dass die Wasserkraft genutzt werden konnte, nichts mehr zu sehen. Auch die Reussinsel, wo die Von Moos’schen Eisenwerke ab 1842 Drähte und daraus Eisenstifte oder Nägel herstellte, ist keine Insel mehr — heute wird hier, eingeklemmt zwischen Bahn und Fluss, gewohnt. Nur wenig flussabwärts zweigen vom Rückgrat des Luzerner Bahnnetzes, der SBB-Linie nach Olten – Basel, zwei Linien ab: die Linie nach Zug – Zürich und die Linie durchs Entlebuch nach Bern. Weiter geht’s auf dem Xylophonweg Richtung Seetalplatz. Hier ist das Reusstal so eng, dass neben Strasse, Bahn, Flussuferweg, Fluss und Autobahn nichts mehr Platz hat. Dann öffnet sich das Tal wieder und die Kleine Emme mündet in die Reuss. Nach dem verheerenden Hochwasser von 2005 wurde der Seetalplatz grossräumig umgestaltet. Die Kleine Emme bekam mehr Platz und der Verkehrsknotenpunkt Seetalplatz wurde zu einem gigantischen Kreisel umgebaut. Die Umgestaltung von Luzern-Nord wird wohl noch einige Jahre dauern.

Die richtig grossen Industrieareale kommen erst jetzt im zweiten Teil dieser Agglo-Expedition. Zuerst auf der rechten Seite der Emme das Areal der ehemaligen Viscosuisse SA: Die Firma mit Hauptsitz in Emmenbrücke war das grösste Textilunternehmen der Schweiz und gehörte zu den Pionieren der europäischen Chemiefaserindustrie. Ihr Firmenareal umfasste so viele Gebäude, dass heute von der „Viscosistadt“ die Rede ist. Ein Teil dieser Gebäude wurde umgenutzt, ein anderer Teil abgerissen, um für Neubauten Platz zu machen, z.B. für die Hochschule Luzern – Design & Kunst. Das nächste Industrieareal ist ebenfalls rechterhand: die gigantischen Hallen der Steeltec, wie die Von Moos Stahl AG heute heisst. Hier machen wir einen kurzen Abstecher zum Kanal des firmeneigenen Elektrizitätswerks, das mithilft, den grossen Energiebedarf der Stahlproduktion zu decken. Auf dem Littauerboden auf der linken Seite der Emme schliesslich ist das letzte grosse Industrieareal: Das über 500 Meter lange, 1980 in Betrieb genommene Stab- und Drahtwarmwalzwerk gehört ebenfalls zur Steeltec. Es ist wohl das längste Gebäude im Kanton Luzern.

Die Details zu dieser Agglo-Tour

  • Datum und Zeit: Mittwoch, 19. Mai 2021, 14 bis 17 Uhr
  • Treffpunkt: 14.00 Uhr, Torbogen auf dem Bahnhofplatz
  • Teilnehmende: maximal 15 Personen
  • Länge & Höhendifferenzen: 8.2 km, 60 m aufwärts und 40 m abwärts
  • Wanderzeit & Dauer: 2 Stunden, mit Pausen 3 Stunden, etwa um 17 Uhr sind wir in Littau.
  • Rückkehr: Mit S 77 um 17.10 oder mit S 6 um 17.35 vom Bahnhof Littau bis Bahnhof Luzern
  • Ausrüstung: Gesichtsmaske, gute Schuhe, Regenschutz, Zvieri und Getränke
  • Disclaimer: Wer mitkommt, tut dies auf eigenes Risiko. Wir übernehmen keinerlei Haftung.
  • Kosten: Ausser den Auslagen für eigene An- und Rückreise, Verpflegung und Getränke, keine
  • Schlechtwetter: Die industriegeschichtliche Flusswanderung findet bei jedem Wetter statt, ausser es hagelt Katzen. Bei allzu garstigem Wetter wird die Wanderung bis 11 Uhr vormittags an dieser Stelle abgesagt.

Anmeldung

Eine Anmeldung mit folgendem Formular, per Email oder Telefon
(041 420 27 46) ist erwünscht, damit ich weiss, wie viele mitkommen.

Ich freue mich auf alle industrieromantisch Veranlagten, die mich auf diesen Flussspaziergang begleiten.

Der Stahlwerk der Steeltec
auf der Kulturflaneur-Karte