Kunst im Gerichtsgebäude? Kann man sich gar nicht so recht vorstellen — doch Kunst lockere die angespannte Stimmung und erleichtere den Zugang zu den Parteien, sagt der kunstsinnige Richter, der sich auf das Experiment eingelassen hat.
Diese Woche hatte ich meine letzte Sitzung in der kantonalen Kulturförderungskommission — nach acht Jahren ist dieses kulturelle Engagement wegen Amtszeitbeschränkung zu Ende. Jetzt sollen andere darüber entscheiden, welche Kulturprojekte im Kanton Luzern förderungswürdig sind und welche nicht. Das Plenum vor den Sommerferien findet jeweils an einem Kulturort im Kantonsgebiet statt. Diesmal im Bezirksgericht Hochdorf, Abteilung III, an der Hohenrainstrasse. Das Bezirksgericht: ein Kulturort? Aber ja doch.
Im Rahmen der Reorganisation der Gerichte zügelte ein Teil des Amtsgerichts Kriens nach Hochdorf und bezog ein frisch renoviertes Gebäude aus den 40er/50er Jahren. Auf Initiative des Leiters der Abteilung III, Thomas Trüeb, wurden die neuen Räumlichkeiten mit Kunst aus der kantonalen Sammlung bestückt. Das Konzept für die Kunst im Gericht stammt von Raphael Egli und Beat Stalder, Mitglieder der Fachgruppe Kunst der Kulturförderungskommission. Ein interessanter Prozess (der genius loci schlägt durch) mit interessanten Fragestellungen: Welche Werke passen in einen Gerichtssaal? Was sollen die Leute anschauen, die angespannt auf ihren Gerichtstermin warten? Etwas Beruhigendes oder etwas, das ihre Situation illustriert?
Die Antwort auf die letzte Frage lautet im Fall des Bezirksgerichts Hochdorf: Beides. Im Warteraum hangen einerseits zwei Bilder, die eine eigenartige Ruhe ausstrahlen — sie zeigen Gärten und spiegeln damit auch das, was aus dem Fenster des Raums zu sehen ist. Andererseits ist da auch diese Videoarbeit „Stapfen“ (2009) von Michelle Grob installiert, die eine stapfende Frau zeigt, die immer grösser wird, bis sie den Rahmen „sprengt“, und dann mit jedem Stapfen wieder etwas schrumpft. Als ob sie nichts anderes zu tun hätte und mit dem Stapfen die Langweile bekämpfen könnte.
Oder mit welcher Kunst sollen Leute in einem polizeilichen Verhörraum konfrontiert werden? Die Polizisten waren erstaunlich offen und akzeptierten zwei recht gegensätzliche und einigermassen gewagte Bilder:
Im Eingang des Gerichts hängt eine ironische Arbeit mit dem Titel „La Suisse 1990 HC 6/30“ von Armand Pierre Fernandez (1928 – 2005). Das Bild ist eine Art Schweizerkarte und besteht aus lauter Stempelabdrücken von amtlichen Stempeln — da ist ein Obwaldner Stempel in Genf, ein Luzerner Stempel im bündnerischen Misox usw. — kurz: ein künstlerisches Statement gegen den Kantönligeist und in diesem Kontext auch gegen den Amtsschimmel, der an solchen Orten immer wieder mal zu wiehern droht.
Ich bin beeindruckt und hätte nicht gedacht, dass man solche Räumlichkeiten so (hinter)sinnig mit Kunst bestücken kann.
3. Juli 2011 um 1:01 Uhr
die naturgemäss null und gar nix von kusnt verstehen sollen auch keine aufhängen.
das ist erstens dann nur sch…kunst, die einem von einem händler eingeredet wurde und überdies verlogen. denn recht wird nachwievor zumeist gegen den schwächeren gesprochen.