Nach einigen Tagen unter dem grauen Hochnebeldeckel fuhren wir vorgestern wieder einmal auf die Rigi, um über dem Nebelmeer einige sonnige Stunden zu verbringen. Gewitzigt von früheren Erfahrungen und aufgrund eigener Ratschläge haben wir abgecheckt, wie hoch das Nebelmeer liegt, ob unsere Lieblingsbeiz offen hat und ob die Luftseilbahn Rigi-Scheidegg – Kräbel auch tatsächlich fährt. Alles schien okay zu sein und, als wir auf Rigi-Kaltbad ankamen, schien tatsächlich die Sonne.
Die Nebelgrenze — sozusagen die Meereshöhe des Nebelmeers — schwankt allerdings rascher und stärker als der Spiegel der Weltmeere, der weltweit als Nullpunkt für alle Höhenangaben dient. (Nebenbei gefragt: Müssen angesichts steigender Meeresspiegel die Höhenangaben unserer Berggipfel bald nach unten korrigiert werden? Das Fletschhorn, das 1952 mit 4001 Metern noch zum noblen Kreis der Alpen-Viertausender gehörte, verlor seinen Status jedenfalls nicht wegen des Klimawandels, sondern wegen einer Neuvermessung, vgl. Die Fast-Viertausender.)
Während unserer gestrigen Wanderung stieg die Nebelgrenze von ca. 1440 auf ca. 1580 Meter. Zuerst wanderten wir noch dem Strand entlang: Lautlos brandete das Nebelmeer an die Flanken der Rigi. Weil aber der Nebel schneller stieg, als wir an Höhe gewannen, nahmen wir bald einmal ein unfreiwilliges Bad im Nebelmeer. Die Temperaturdifferenz der Luft über und der Luft unter der Nebelgrenze kann gut und gern 10 Grad betragen. Die kalte Bise trug dazu dabei, dass es im Nebelmeer unangenehm kalt war. Wir jedenfalls waren froh, dass wir fürs Mittagessen in unserer Lieblingsbeiz, im Berghaus Unterstetten (ca. 50 Meter unter Nebelmeeresspiegel), zwei Plätze an der Wärme fanden.
Nach der Mittagspause waren wir noch etwa drei Viertel Stunden im Nebelmeer unterwegs, bis wir kurz vor Rigi-Scheidegg aus dem Nebelmeer stiegen. Als wir auf die nebelfreie Insel erreichten, verbesserte sich auch unsere Stimmung, drückt doch der Nebel aufs Gemüt, vor allem, wenn man eigentlich die Sonne geniessen wollte und dann doch im Nebel stochert. Ragt die Rigi aus dem Nebelmeer, ist sie ein Archipel der Glückseligen: Den Leuten, die sich auf der Rigi-Insel Scheidegg tummelten, war die Fröhlichkeit ins Gesicht geschrieben. Auch wir genossen die Sonne und liessen den Blick übers Nebelmeer schweifen. Allerdings waren wir nach dem kalten Bad so durchfroren, dass wir uns mit einem Holdrio aufwärmen mussten. Denn schon bald stand der nächste Tauchgang in die kalte Tristesse des Nebelmeers an.
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