Bei unsicherem Wetter wollen wir nur nach San Bernardo hochsteigen. Doch dann werden wir verregnet — und der einfachste Weg wieder runterzukommen ist, von der spektakulären Zwischenstation der Seilbahn auf die Bergstation der Cardada hochzuwandern und mit der Seilbahn nach Orselina runterzufahren. So kommen wir diese Ferien zum ersten Mal auf Locarnos Hausberg — ohne dies so geplant zu haben.

Die Kirche und der Dorfladen von Orselina

Die Kirche und der Dorfladen von Orselina

Am Morgen ist das Wetter noch ganz passabel, mal Sonne, mal Wolken. Frau Frogg will unbedingt nach San Bernardo wandern — ein Kirchlein und ein paar Häuser auf gut 1000 m.ü.M. — also nix wie los. Wir steigen die steilen, bewaldeten Hänge oberhalb von Locarno hoch, auf einem Zickzackweg, der in einer angenehmen Steigung aufwärts führt.

Mittagsrast unter den Seilen der Seilbahn

Mittagsrast unter den Seilen der Seilbahn

Auch als sich der Wald lichtet, den Blick auf das Maggiadelta, Ascona und den Lago Maggiore freigibt und wir eine kurze Mittagspause (2) einlegen, scheint noch die Sonne. Doch nur eine halbe Stunde später und wenige Höhenmeter weiter oben, beginnt es zu regnen. Zuerst trocknen wir schneller als wir nass werden. Aber dann wird der Regen stärker und Frau Frogg montiert ihre Regenjacke, während ich den Schirm aufspanne.

„Es gibt kein schlechtes Wetter,
nur schlechte Ausrüstung.“ (Frau Frogg)

Als wir die ersten Häuser von San Bernardo (4) erreichen, stehen wir unter und checken unsere Lage: Ich habe einen nassen Ärmel, weil der Schirm zu klein ist. Frau Frogg ist auch unter der Regenjacke nass, weil diese Jacke so dicht ist, dass auch die Körperausdünstung nicht entweichen kann — so viel zur schlechten Ausrüstung. Widerwillig tauscht sie die innen und aussen nasse Regenjacke mit meinem Veloregenschutz, der wie eine Pellerine über dem Rucksack getragen werden kannn und seitliche Schlitze hat. Frau Frogg muss ihren Spruch revidieren:

„Es gibt kein schlechtes Wetter,
nur schlechte Einstellung.“ (Frau Frogg)

Doch der Regen wirkt demotivierend: Frau Frogg hat genug und will nur noch runter — doch keinesfalls auf dem inzwischen glitschig gewordenen Zickzackweg, auf dem wir gekommen sind. Nachdem wir unser ursprüngliches Ziel, das Kirchlein von San Bernardo (3), aufgegeben haben, bleiben uns drei Optionen: 1. Auf die Cardada hochsteigen und mit der Seilbahn runter, 2. zur Zwischenstation der Seilbahn gehen und von da runterfahren und 3. das Asphaltsträsschen nach Orselina runterwandern. Wir können uns nicht einigen: Frau Frogg ist für Option 2 bzw. 3 und ich bin für Option 1.

Irrwege am Hausberg (zum Vergrössern auf die Karte klicken!): Rot = ursprünglich geplante Wanderung nach S. Bernardo (3). Türkis = Option 1, hoch zur Bergstation auf der Cardada. Gelb = Optionen 2 und 3, von der Zwischenstation bzw. der Strasse nach runter nach Orselina.  Die ausgezogene Linie entspricht unserer effektiven Route.

Irrwege am Hausberg (zum Vergrössern auf die Karte klicken!): Rot = ursprünglich geplante Wanderung nach S. Bernardo (3). Türkis = Option 1, hoch zur Bergstation auf der Cardada. Gelb = Optionen 2 und 3, von der Zwischenstation bzw. der Strasse nach runter nach Orselina. Die ausgezogene Linie entspricht unserer effektiven Route. Grundkarte: map.geo.admin.ch

Als wir auf dem Strässchen nach San Bernardo den Weg zur Cardada hoch verpassen, bleiben uns noch die Optionen 2 und 3. Schon bald erreichen wir die Zwischenstation der Seilbahn (5): Ein spektakulärer Steg führt von der Strasse zum Seilbahnmasten raus.

(5) Die spektakuläre Mittelstation der Seilbahn Orselina - Cardada

(5) Die spektakuläre Mittelstation der Seilbahn Orselina – Cardada

Doch draussen auf dem Masten ist die Enttäuschung riesig: Die Seilbahn hält hier nur viermal am Tag und auch dann nur auf telefonische Voranfrage. Weil wir im Regen eineinhalb Stunden ausharren müssten, fällt Option 2 weg und es bleibt nur noch Option 3.

Als wir die Strassenverzweigung in Monte Brè erreichen, lässt der Regen nach und ich kann Frau Frogg davon überzeugen, die paar Schritte bis zum Hotel Monte Brè (6) zu gehen. Dort ziehen wir unser Regenzeug aus und entscheiden uns, doch noch Option 1 zu verfolgen, also auf die Cardada hochzusteigen, denn der Strasse nach runterzugehen erscheint uns nicht besonders attraktiv, auch wenn wir Autostopp machen oder hin und wieder eine Abkürzung nehmen könnten. Eine halbe Stunde weiter oben treffen wir in der Nähe der Seilbahn (7) wieder auf den Weg der ursprünglichen Option 1 und nach einer weiteren halben Stunde regenfreien Aufstiegs sind wir ungeplant und per Äxgüsi*) oben auf dem Hausberg von Locarno:

(8) Das wolkenverhangene Panorama auf der Cardada (1332 m.ü.M.)

(8) Das wolkenverhangene Panorama auf der Cardada (1332 m.ü.M.)

Nach einem Bier auf der windigen Terrasse des Bergrestaurants und einem weiteren Regenguss fahren wir mit der Seilbahn runter nach Orselina.

Unmittelbar bei der Talstation: Madonna del Sasso

Unmittelbar bei der Talstation: Madonna del Sasso

⇒ Die Cardada, Locarnos Hausberg, ist auf stories & places markiert.

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*) Das wundervolle schweizerdeutsche „per Äxgüsi“ kommt vom französischen Ausdruck „excusez“ — entschuldigen Sie. Es wird zum Beispiel verwendet, wenn man per Äxgüsi bei Freunden reinplatzt und sich für den unangemeldeten Besuch zuerst entschuldigen muss.