Die zweite Etappe unserer Reise in die Südschweiz führte vom einen Büdner Südtal über zwei Pässe ins andere: Von Miralago im Puschlav fuhren wir mit der RhB über die Bernina zurück nach St. Moritz im Engadin und mit dem Postauto weiter über den Maloja nach Soglio im Bergell — ein schönes Reisli vom Nebel in den Nebel.


Zum Vergrössern aufs Karte klicken! Unsere Reiseroute: Rot hervorgehoben sind die Bahnstrecken unserer Route, gelb die Abschnitte, die wir mit dem Postauto zurückgelegt haben. Die Etappenziele: 1 Miralago (im Puschlav), 2 Soglio (im Bergell), 3 Lugano und 4 Luzern


Zu Beginn der 2. Etappe lag dichter Nebel über dem See, der …


… sich doch schon kurz vor Poschiavo lichtete.


Blick zurück auf das nebelnasse Poschiavo


Während der Lagh da Palü dem Stromproduzent Repower als Tagesspeicher dient, spielt er im neuen Pumpspeicherprojekt nur noch eine untergeordnete Rolle.


Eine Hauptrolle in den Pumpspeicherplänen spielt hingegen der Lago Bianco auf der Bernina — jahrelang Zankapfel zwischen Energiewirtschaft und Umweltverbänden.

Ein Exkurs zu Pumpspeicherkraftwerken

Im ursprünglichen Projekt wäre der Seespiegel des Lago Bianco um 17 Meter erhöht worden. Dieses umweltzerstörerische Projekt wurde von WWF und Pro Natura erfolgreich bekämpft. Anfang 2009 sistierte das Bundesgericht die Beschwerde der beiden Organisationen zu Gunsten von Verhandlungen. Herausgekommen ist dabei ein umweltfreundlicheres Projekt, zu dem auch der WWF Graubünden Ja sagen kann: Der Lago Bianco wird nur um 4 Meter höher gestaut, der Talfluss Poschiavino wird vom Schwallbetrieb befreit und mit grösseren Restwassermengen dotiert und schliesslich werden die Gewässer im ganzen Puschlav gemäss eines neuen Gewässerentwicklungskonzepts revitalisiert und renaturiert.

Eine Win-Win-Situation sollte man meinen, ist doch auch Repower mit dem neu geplanten Pumpspeicherkraftwerk, das mit 1000 MW noch mehr Spitzenstrom produzieren wird als im alten Projekt, gut bedient. Doch das Lago Bianco-Projekt ist und bleibt ein Pumpspeicherkraftwerk, das billige Bandenergie zu Spitzenstrom veredelt: Nachts wird mit überschüssiger und deshalb billiger Bandenergie Wasser vom Lago di Poschiavo in den Lago Bianco hinaufgepumpt, das dann zur Mittagszeit, wenn der Bedarf am grössten ist und der Strom am teuersten verkauft werden kann, wieder turbiniert wird. Unter dem Strich wird so weniger Elektrizität produziert, denn für eine Kilowattstunde Pumpspeicherstrom braucht es 1.3 Kilowattstunden Pumpenergie, aber die Strommenge entspricht immerhin der Leistung des AKWs Gösgen.


Das Promovideo von Repower auf Youtube erklärt das neue Pumpspeicherprojekt und den mit den Umweltverbänden ausgehandelten Deal in allen Details und zeigt das Puschlav, den Lago di Poschiavo, den Lago Bianco und die Bernina bei schönstem Wetter.

Für Repower, die an Windparks in Deutschland, Italien und Rumänien beteiligt ist, macht es durchaus Sinn, die unregelmässig anfallende Windenergie auf der Bernina zu speichern. Die Bündner Bevölkerung hingegen hat am 22. September 2013 mit 56% Ja zur Initiative „Ja zu sauberem Strom ohne Kohlekraft“ und in der Stichfrage mit einem hauchdünnen Mehr von 137 Stimmen (gemäss Nachzählung) dafür gesorgt, dass Repower nicht mehr in dreckige Energieproduktion investieren darf und aus dem Kohlekraftwerksprojekt Saline Joniche in Kalabrien aussteigen muss (vgl. Der Bund vom 22.9.2013).

Ob es sinnvoll ist, die Alpen in die „Batterie Europas“ zu verwandeln, ist überhaupt nicht sicher. In einem Factsheet zur Pumpspeicherung hält die Schweizerische Energie-Stiftung fest,

  • dass die 8 in der Schweiz geplanten Pumpspeicherkraftwerke allein fürs Pumpen Strom von drei AKW Mühleberg brauchen würden und dafür zusätzliche Hochspannungsleitungen gebaut werden müssten,
  • dass der „weiss zu waschende Überschussstrom“ auch in Zukunft überwiegend aus Atom- und Kohlekraftwerken kommen wird,
  • dass weder die Versorgungssicherheit, noch der europäische Windboom und auch nicht der Ausbau der erneuerbaren Energien im Inland den massiven Ausbau der Pumpspeicherkapazitäten rechtfertigen und
  • dass die heute noch lukrative Pumpspeicherung wahrscheinlich schon bald nicht mehr rentiert, weil sich die Preisdifferenz zwischen billigem Nachtstrom und Tagesspitzen verringern wird.

Von der Bernina ins Bergell


Vom Ospizio Bernina (2’253 m ü. M.) geht es weiter …


… vorbei am Morteratschgletscher nach St. Moritz.


Von St. Moritz fahren wir mit dem Postauto den Oberengadiner Seen entlang.


Vom Maloja (1815 m.ü.M.) geht es in vielen Kehren runter ins nebelverhangene Bergell.

In Promontogno, wo wir aufs Postauto nach Soglio umsteigen mussten, hatte das Arte Hotel Bregaglia schon wieder zu — dieses Kunstprojekt, das diesen Sommer bereits zum 4. Mal stattfand, hätte mich interessiert…
Fortsetzung folgt!

Ausblick von der RhB auf den Morteratschgletscher
auf der Kulturflaneur-Karte