Die zweite Etappe unserer Reise in die Südschweiz führte vom einen Büdner Südtal über zwei Pässe ins andere: Von Miralago im Puschlav fuhren wir mit der RhB über die Bernina zurück nach St. Moritz im Engadin und mit dem Postauto weiter über den Maloja nach Soglio im Bergell — ein schönes Reisli vom Nebel in den Nebel.
Ein Exkurs zu Pumpspeicherkraftwerken
Im ursprünglichen Projekt wäre der Seespiegel des Lago Bianco um 17 Meter erhöht worden. Dieses umweltzerstörerische Projekt wurde von WWF und Pro Natura erfolgreich bekämpft. Anfang 2009 sistierte das Bundesgericht die Beschwerde der beiden Organisationen zu Gunsten von Verhandlungen. Herausgekommen ist dabei ein umweltfreundlicheres Projekt, zu dem auch der WWF Graubünden Ja sagen kann: Der Lago Bianco wird nur um 4 Meter höher gestaut, der Talfluss Poschiavino wird vom Schwallbetrieb befreit und mit grösseren Restwassermengen dotiert und schliesslich werden die Gewässer im ganzen Puschlav gemäss eines neuen Gewässerentwicklungskonzepts revitalisiert und renaturiert.
Eine Win-Win-Situation sollte man meinen, ist doch auch Repower mit dem neu geplanten Pumpspeicherkraftwerk, das mit 1000 MW noch mehr Spitzenstrom produzieren wird als im alten Projekt, gut bedient. Doch das Lago Bianco-Projekt ist und bleibt ein Pumpspeicherkraftwerk, das billige Bandenergie zu Spitzenstrom veredelt: Nachts wird mit überschüssiger und deshalb billiger Bandenergie Wasser vom Lago di Poschiavo in den Lago Bianco hinaufgepumpt, das dann zur Mittagszeit, wenn der Bedarf am grössten ist und der Strom am teuersten verkauft werden kann, wieder turbiniert wird. Unter dem Strich wird so weniger Elektrizität produziert, denn für eine Kilowattstunde Pumpspeicherstrom braucht es 1.3 Kilowattstunden Pumpenergie, aber die Strommenge entspricht immerhin der Leistung des AKWs Gösgen.
Für Repower, die an Windparks in Deutschland, Italien und Rumänien beteiligt ist, macht es durchaus Sinn, die unregelmässig anfallende Windenergie auf der Bernina zu speichern. Die Bündner Bevölkerung hingegen hat am 22. September 2013 mit 56% Ja zur Initiative „Ja zu sauberem Strom ohne Kohlekraft“ und in der Stichfrage mit einem hauchdünnen Mehr von 137 Stimmen (gemäss Nachzählung) dafür gesorgt, dass Repower nicht mehr in dreckige Energieproduktion investieren darf und aus dem Kohlekraftwerksprojekt Saline Joniche in Kalabrien aussteigen muss (vgl. Der Bund vom 22.9.2013).
Ob es sinnvoll ist, die Alpen in die „Batterie Europas“ zu verwandeln, ist überhaupt nicht sicher. In einem Factsheet zur Pumpspeicherung hält die Schweizerische Energie-Stiftung fest,
- dass die 8 in der Schweiz geplanten Pumpspeicherkraftwerke allein fürs Pumpen Strom von drei AKW Mühleberg brauchen würden und dafür zusätzliche Hochspannungsleitungen gebaut werden müssten,
- dass der „weiss zu waschende Überschussstrom“ auch in Zukunft überwiegend aus Atom- und Kohlekraftwerken kommen wird,
- dass weder die Versorgungssicherheit, noch der europäische Windboom und auch nicht der Ausbau der erneuerbaren Energien im Inland den massiven Ausbau der Pumpspeicherkapazitäten rechtfertigen und
- dass die heute noch lukrative Pumpspeicherung wahrscheinlich schon bald nicht mehr rentiert, weil sich die Preisdifferenz zwischen billigem Nachtstrom und Tagesspitzen verringern wird.
Von der Bernina ins Bergell
In Promontogno, wo wir aufs Postauto nach Soglio umsteigen mussten, hatte das Arte Hotel Bregaglia schon wieder zu — dieses Kunstprojekt, das diesen Sommer bereits zum 4. Mal stattfand, hätte mich interessiert…
Fortsetzung folgt!
5. November 2013 um 14:51 Uhr
Hallo! Tollen Blog hast du hier. Auch der Bericht über die Südschweiz begeistert. War das letzte mal vor knapp 5 Jahren in der Schweiz wandern, aber jetzt hab ich wieder Lust bekommen!
1. Dezember 2013 um 19:03 Uhr
REPLY:
Ja, die Schweiz ist ein wunderschönes Reiseland — und fast überall kann man schöne Wanderungen machen. Aber leider ist die Schweiz für viele — manchmal auch für uns — zu teuer. Am ehesten zahlbar sind Ferien in Ferienwohnungen…