Als ich vorletzten Sommer vor der INURA-Konferenz in Zürich die englische Übersetzung für Steuerwettbewerb suchte, bin ich auf den Begriff race to the bottom gestossen — keine exakte Übersetzung, aber dafür ein um so schöneres Bild für die Konkurrenz zwischen Wirtschaftsblöcken, Nationalstaaten und Regionen um neue Firmen und gute Steuerzahler.

Dieser globale Wettbewerb hat fatale Folgen: Um wettbewerbsfähig zu bleiben, werden Arbeits-, Sozial- und Umwelt-Standards reduziert oder gar gänzlich abschafft, was in einem globalisierten Wettbewerb fast automatisch zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, zu einem Abbau des Sozialstaats und zur Belastung der Umwelt führt. Ein schlanker Staat mit möglichst wenig Vorschriften, einer tiefen Staatsquote und einer geringen Steuerbelastung, sei das Ziel, sagen uns diese neoliberalen Wettbewerbsfetischisten.

Auch in der Zentralschweiz hat das Race-to-the-bottom fatale Folgen: Die Kantone versuchen sich im Steuerwettbewerb um tiefere Steuern zu übertreffen. Um Steuersenkungen zu ermöglichen folgt ein Sparpaket auf das andere. Der Kanton Luzern ist jetzt auf den Boden der Realität geknallt: Er wird zwar 2012 die schweizweit tiefsten Steuersätze für Unternehmen haben, die Regierung hat aber bei der Budgetierung 2012 gemerkt, dass es nicht mehr reicht, und wollte deshalb die Steuern von 1.5 auf 1.6 Einheiten anheben (was einer Steuererhöhung um 6.7% entspricht). Am 12. Dezember hat der Kantonsrat das Budget mit 63 zu 42 Stimmen zurückgewiesen, mit der Folge, dass der Kanton noch kein gültiges Budget hat und nur Ausgaben tätigen kann, zu denen er vertraglich verpflichtet ist. Der Regierung muss den Rotstift zücken und dafür sorgen, dass die Steuererhöhung nur noch halb so hoch ausfällt. Die NLZ titelte: Regierungsrat erleidet mit Budget Schiffbruch.

Auch die Stadt Luzern startet ohne gültiges Budget ins neue Jahr. Der grosse Stadtrat hat zwar dem Voranschlag für 2012 mit 35 zu 7 Stimmen zugestimmt, aber die SVP hat dagegen das Referendum ergriffen, weil mit diesem Defizit-Budget 2013 eine Steuererhöhung praktisch unausweichlich sei. Damit hat auch die Stadt kein rechtskräftiges Budget — mit den selben unangenehmen Folgen wie beim Kanton.

Ich meine: Niemand zahlt gerne Steuern und Steuererhöhungen sind unerfreulich — ganz besonders, wenn sie die Folge von Steuersenkungen für Unternehmen sind, aber wenn mit einem solchen Race-to-the-bottom Stadt und Kanton Luzern kaputtgespart werden, dann ist es höchste Zeit, die Abwärtsspirale zu stoppen und dem Schlankheitswahn beim Staat Einhalt zu gebieten.