Transdanubien — das tönt irgendwie viel versprechend, aber auch wie „hinter den sieben Bergen“, so oder so jedoch geheimnisvoll.
Schon als wir bei schönstem Wetter Wien anflogen, hielten wir Ausschau nach der schönen blauen Donau und den Weiten des Ostens, die dahinter beginnen. Irgendwann sah ich aus dem Fenster des Flugzeugs etwa das hier:
Zuerst dachten wir, es könnte die Donau sein, aber dann kamen Zweifel auf. Trotz geringer Erfahrung mit Strömen — in der Schweiz gibt es von Bergbächen bis Flüssen alles, aber einen Strom? — dachten wir: So breit kann die Donau in Wien noch nicht sein. Der österreichische Flugbegleiter, der bei Swiss arbeitet und auf dem Weg in den Heimaturlaub neben uns sass, machte den Vermutungen ein Ende und erklärte, dass sei der Neusiedlersee. Später zeigte ein Blick auf die Karte, dass wir beim Anflug auf Wien zwar nicht die Donau überquert hatten, aber doch schon über Ungarn herumgekurvt waren.
In Frau Frogg’s Reiseführer lasen wir dann, dass das Klima am Neusiedlersee pannonisch geprägt sei. Pannonisch? Noch so ein geheimnisvoller Begriff. Diesmal erklärte uns Wikipedia, was es mit Pannonia auf sich hat.
Als uns der MadProfessor zu einem Jass nach Transdanubien einlud, waren wir schon voller Vorfreude aufs transdanubische Wien. Schliesslich wollte uns aber MadProfessor die Reise nach Transdanubien doch nicht zumuten und so fand der Jassabend in Cisdanubien statt. Wo Transdanubien liegt, ist übrigens auch eine Frage des Standorts: Für WienerInnen bezeichnet Transdanubien die Stadtteile links der Donau, während für die UngarInnen Transdanubien die drei westungarischen Regionen plus den Budapester Stadtteil Pest umfasst, also alles, was rechts der Donau liegt.
Im Gespräch mit WienerInnen gewannen wir schliesslich den Eindruck, dass 1. niemand freiwillig nach Transdanubien fährt, 2. gebürtige Transdanubier immer Transdanubier bleiben und 3. die TransdanubierInnen anders sind als die übrigen WienerInnen. Im letzten Punkt wurden wir bestärkt durch ein Schild, das in Katizas Gästezimmer hängt. Darauf steht: „Friede, Freiheit, Floridsdorf*)“. Beim Jassen kam das Gespräch auf andere Städte und Agglomerationen mit ähnlichen Rivalitäten und Neckereien: In der Schweiz etwa das durch den Rhein in Grossbasel und Kleinbasel geteilte Basel, wo sogar thematische Stadtführungen zu diesem Thema angeboten werden. Oder in Deutschland die ständige Rivalität der durch den Main getrennten Städte Frankfurt und Offenbach. Den passenden Spruch in hessischem Dialekt, den meine Jasspartnerin auf Lager hatte, konnte ich leider nicht behalten — anyway ist uns klar geworden: Transdanubien ist überall. Und das Wiener Transdanubien besuchen wir halt das nächste Mal!
*) Floridsdorf ist ein transdanubischer Stadtbezirk Wiens.
4. Mai 2011 um 11:27 Uhr
So ganz nehme ich ja die diversen Rivalitäten zwischen manchen Bezirken nicht ernst (Beispiel Hietzing – Döbling, von denen sich jeder Bezirk darum reißt, das teurere Pflaster zu sein; derzeit ist es zum Leidwesen der Hietzinger jedoch Döbling), und ich für meinen Teil vertrete die Ansicht, dass es in jedem Wiener Gemeindebezirk spezielle Eigenheiten im menschlichen und städtebaulichen Sinn gibt, aus deren Zusammenspiel in Summe sich Wien zu einem ganz wunderbaren Konglomerat zusammenfügt.
[Man merkt kaum, dass ich hier meine Heimat gefunden habe, oder ? 🙂 ]
PS: Aus mir völlig unerfindlichen Gründen *feix* habe ich bei Ihrer Fußnote gelesen: „Floridsdorf ist ein traumatischer Stadtbezirk Wiens.“
4. Mai 2011 um 17:34 Uhr
REPLY:
Ich stimme Ihnen zu, Frau Walküre, in grossen Städten findet jede und jeder in einer Ecke der Stadt das passende Umfeld mit genügend vielen Gleichgesinnten. Aber genau deshalb bin ich mir sicher, dass auch Sie einen Stadtplan im Hinterkopf haben mit attraktiven und weniger attraktiven Wohnlagen, mit Flanierzonen und No-Go-Areas. Deshalb nimmt mich Wunder, ob Sie sich vorstellen könnten, im sagenhaften Transdanubien zu wohnen.
4. Mai 2011 um 17:38 Uhr
REPLY:
Die Feuchtgebiete rund um den Neusiedlersee wirken von oben irgendwie strange, aber faszinierend…
4. Mai 2011 um 20:47 Uhr
REPLY:
Am besten lebt es sich in Wien, wenn man nicht in Wien lebt. Ich beschreibe meinen Wohnort mit 2 Minuten in die Weingärten, 30 Minuten öffentlich in die Staatsoper. Ziemlich ideal, finde ich, wenn man einen Hund hat, der täglich ausgeführt werden muss.
Ich habe von 1999 bis 2007 in Transdanubien, und zwar in einem speziellen Teil, dem eine ganze Fernsehserie gewidmet ist, in Kaisermühlen gearbeitet. Gut, vielleicht war Kaisermühlen in Wirklichkeit nur auf der anderen Seite der Wagramerstrasse, aber jedenfalls nahe genug.
Und mein Zimmer, dass ich tatsächlich die ganze Zeit verteidigen konnte, lag im 9. Stock und war westwärts gerichtet. Eine phantasische Aussicht auf Kahlenberg, Leopoldsberg und Bisamberg mit doch relativ häufig zu beobachtenden Parade-Sonnenuntergängen.
Ich habe mich dort wohlgefühlt.
4. Mai 2011 um 21:51 Uhr
REPLY:
Aber ja. Floridsdorf verfügt über fabelhafte Naherholungsgebiete, Donaustadt wiederum hat speziell an seiner Peripherie verblüffende Ähnlichkeit mit ländlichen Regionen, weil sich dort – schon fast im Grünen – teils sehr hübsche Siedlungen finden. Wien ist in der glücklichen Lage, keine No-Go-Areas aufzuweisen (Um drei Uhr morgens beispielsweise fühle ich mich alleine in keiner Gegend wohl, egal, ob tiefste Provinz oder Großstadt !), und Flaniermeilen sind für mich dort, wo ich eben grad flaniere.
Wo ich allerdings nie freiwillig hinziehen würde: In die wenigen nach dem 2. Weltkrieg entstandenen Betonburgen wie z.B. die Siedlung am Schöpfwerk, die Großfeldsiedlung, den Wohnpark Alt-Erlaa. Und in den südöstlichsten Teil von Simmering, weil der schon fast eine Trabantenstadt darstellt und somit sehr weit ab vom Schuss ist (Straßenbahnen gibt es dorthin, die U-Bahn fährt schon nicht mehr so weit).
6. Mai 2011 um 20:13 Uhr
kommt eine „echte“ Einladung nach Floridsdorf. Versprochen.
Früher war es ja wirklich so, dass sich niemand nach Floridsdorf begeben hat, mittlerweile hat sich das ein bisschen geändert …
Floridsdorf ist zum Teil Augebiet, da es direkt an der Donau liegt – siehe:
Wasserpark-Floridsdorf, a photo by r2d20201 on Flickr.
Transdanubien …
7. Mai 2011 um 9:32 Uhr
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schon da, der Link! Wirklich ein schöner Park… Diese Einladung nehmen wir dann gerne an! Aber erst mal: Revanche in der Schweiz, gell!
10. Mai 2011 um 15:49 Uhr
REPLY:
Da sage ich nur: Friede, Freude, Freiheit — Floridsdorf wir kommen!