Die zweite Etappe unserer Vierwaldstätterseewanderung führte uns nicht — wie der Volksliedtext im Titel suggeriert — von Luzern, sondern von Küssnacht nach Weggis. Im Lied heisst es weiter: „… bruucht me weder Strömpf no Schueh“ — kein Wunder, denn der Autor und Komponist des Lieds war 1832 mit dem Schiff unterwegs. Wir hingegen brauchten für unsere Auffahrtswanderung sehr wohl Strümpfe und Schuhe.
Stichwort 1: Hohle Gasse
Gestern war Frau Frogg nicht gut im Strumpf und schon gar nicht Wanderlaune: Wandern ist blöd, befand sie. Dennoch waren wir schon um halb zehn da, wo unsere erste Etappe geendet hatte: In Küssnacht am Rigi. Die hohle Gasse wollte sie partout nicht besuchen — da gäbe es nichts zu sehen, meinte sie misslaunig. So verzichteten wir halt auf den Besuch des sagenumwobenen Hohlwegs.
Etappe 2: Küssnacht – Hertenstein – Weggis
Stichwort 2: Mildes Klima
Dank der ausgleichenden Wirkung des Sees ist das Klima rund um den Vierwaldstättersee, vor allem an den Südlagen, deutlich milder als sonstwo in der Zentralschweiz. Dank den Palmen, die hier gedeihen, haben die Einfamilienhausquartiere an diesen privilegierten Lagen denn auch einen südländischen Touch. Eine Nobelvilla in Weggis mit Seeanstoss und Palmengarten heisst sinnigerweise „Palm Beach“.
Auch die Edelkastanie ist wärmeliebend: Diese submontan-mediterrane Baumart braucht gemäss Wikipedia eine Jahresmitteltemperatur zwischen 8 und 15 Grad, warme Herbste und mindestens sechs Monate über 10 Grad. Für eine gute Entwicklung benötigt sie eine Wärmesumme der Tagesmittelwerte von 3600 Gradtagen. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet ist südlich der Alpen und Pyrenäen, in der Schweiz liegt ihr Schwerpunkt im Tessin (über die Kastanien im Tessin habe ich hier schon geschrieben). Daneben kommt sie im Jura, um den Genfersee, im Wallis, am Vierwaldstättersee und am Zugersee vor. Das „Kastaniendorf“ Greppen versucht die lange vernachlässigte Kastanienkultur wiederzubeleben — mit einer Chestene-Chilbi und der 2000 gegründeten IG Pro Kastanie Zentralschweiz (von da auf die alte Homepage weiterklicken!), die sich in der Folge um die Pflege und Erforschung der verbliebenen Kastanienhaine kümmerte. Pro Kastanie Zentralschweiz lancierte in Zusammenarbeit mit der Vereinigung Pro Rigi auch den Chestene-Weg von Küssnacht nach Brunnen, der routenmässig zum Teil mit dem Waldstätterweg zusammenfällt, aber noch nicht fertiggestellt und internetmässig dokumentiert ist.
Stichwort 3: Mildes Steuerklima
Auch im übertragenen Sinn ist das Klima am See milder: Wie die Karte zeigt, sind die Steuern in den Luzerner Gemeinden am Sempacher- und am Vierwaldstättersee deutlich tiefer als in anderen Gemeinden des Kantons.
Es ist schon krass, dass jemand der in einer Gemeinde mit dem Maximalsteuerfuss von 2.4 Einheiten zweieinhalb mal soviel Gemeindesteuern bezahlen muss wie in der Bonzengemeinde Meggen, wo viele Reiche für ein mildes Steuerklima und einen mit 0.978 Einheiten rekordtiefen Steuerfuss. Luzern lag übrigens 2014 mit 1.85 Einheiten leicht unter dem kantonalen Durchschnitt von 1.883, während die Steuerbelastung in Greppen mit 1.95 Einheiten trotz See etwas über dem Schnitt war.
Fazit
Vo Küssnacht gäge Wäggis zue bruucht me doch Strömpf und Schueh. Und ich liess mir von Frau Froggs Misslaunigkeit diesen interessanten Abschnitt unserer Seeumwanderung, den ich bis jetzt nur vom Schiff aus kannte, nicht verderben. Eine Landschaft zu erwandern ist halt doch noch etwas anderes als sie an backbord vorbeiziehen zu lassen.
17. Mai 2015 um 18:02 Uhr
Deine Ausführungen finde ich ja ganz interessant! Fast hätte ich es einen Moment lang bereut, dass wir nicht noch einmal in der Hohlen Gasse waren. Naja, ein Projekt für ein andermal. Und vielleicht schaffen wir sogar irgendwann den Rigilehnenweg, wo man dann tatsächlich auch ein paar Kastanienbäume sieht! Auffahrt war einfach nicht so mein Tag!
17. Mai 2015 um 22:28 Uhr
Die Hohle Gasse war seit dem 19. Jahrhundert eine 3-5 Meter breite Strasse. Vor 80 Jahren wurde der heutige Weg gebaut. Halt so, wie man sich damals einen mitteralterlichen Weg vorgestellt hat. Oberhalb der Gasse gibt es übrigens einen schönen Weg von Immensee nach Küssnacht SZ.
Details finden sich im »Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz«: https://dav0.bgdi.admin.ch/kogis_web/downloads/ivs/beschr/de/SZ00010001.pdf
Grüsse von ennet der Reuss
19. Mai 2015 um 11:22 Uhr
Geschichtsklitterung
So entstehen Legenden und moderne Mythen. Danke für den Hinweis auf die wahre Vergangenheit der hohlen Gasse.