Viele Weihnachtssterne landen nach dem Verblühen in der Grünabfuhr. Schade um die schönen Balkon- und Zimmerpflanzen, die mit einem einfachen Trick wieder zum Blühen gebracht werden können. Als Bonus gibt es einen Hörtipp zur Legende der mexikanischen «Nochebuenas» und zum grossen Geschäft mit Weihnachtssternen.

Der Weihnachtsstern (Euphorbia pulcherrima) stammt ursprünglich aus Mexiko (Klima-Kurzbeschrieb). Da gibt es keine Jahreszeiten, wie wir sie kennen. Mit dem Sonnenhöchststand beginnt die Regenzeit, die von Juni bis September dauert, die übrigen Monate sind deutlich trockener. Auch bezüglich Tag- und Nachtlänge gibt es deutliche Unterschiede zu unseren Breitegraden: Während bei uns der Tag zwischen 8 und 16 Stunden lang ist, dauert er am Äquator immer exakt 12 Stunden. Im äquatornahen Mexiko schwankt die Tageslänge nur geringfügig, nämlich zwischen 11 und 13 Stunden.

Photoperiodismus

Die ideale Blütezeit für den Weihnachtsstern ist Dezember bis Februar. Dann ist das Klima für die Befruchtung der Blüten am günstigsten. Doch wie merkt der Weihnachtsstern, dass es Zeit ist, neue Blütenknospen zu bilden? Die kurze Antwort: Photoperiodismus. Wie viele tropische Pflanzen ist auch der aus Mittelamerika stammende Weihnachtsstern eine sogenannte Kurztagpflanze. Er braucht über einen bestimmten Zeitraum hinweg mehr als zwölf Stunden Dunkelheit pro Tag, damit die Bildung neuer Blüten angeregt wird.

Lange Nächte simulieren

Um den Weihnachtsstern in unseren Breitegraden zum Blühen zu bringen, sollten Gärtner:innen sowohl das tropische Klima mit Regen- und Trockenzeit als auch die 13 Stunden langen tropischen Nächte simulieren. Meine Anleitung stützt sich auf den Artikel So bringen Sie Ihren Weihnachtsstern wieder zum Blühen (www.mein-schoener-garten.de):

  • Blütezeit (Dezember bis Februar): Die rot, weiss oder rosa gefärbten Hochblätter sollten ihre Färbung nach Weihnachten noch möglichst lange behalten. Deshalb: Weihnachtsstern an einem möglichst warmen und hellen Standort aufstellen und mässig, aber regelmässig mit lauwarmem Wasser giessen sowie allenfalls mit Regenwasser besprühen.
  • Ruhezeit (März/April): In der Trockenzeit mit steigenden Temperaturen braucht die Pflanze eine Ruhezeit, d.h. immer weniger giessen und Ende April den Weihnachtsstern auf 15 bis 20 Zentimeter Höhe zurückschneiden.
  • Regenzeit (Mai bis September): Im Mai die Giessmengen langsam wieder steigern. Im Sommer den Weihnachtsstern an einem hellen und warmen Platz aufstellen — was auf unserer Loggia hervorragend funktioniert hat — und bis Mitte September wöchentlich mit flüssigem Blumendünger versorgen.
  • Kurze Tage und lange Nächte (ab 22. September): Ab der Tagundnachtgleiche braucht der Weihnachtsstern mehr als 12 Stunden absolute Dunkelheit, denn auch kurzzeitiges Kunstlicht kann die Blütenbildung der Kurztagpflanze stören. Eigentlich reicht ein warmer Raum, der ausschliesslich durch Tageslicht beleuchtet wird. Wer nicht über einen solchen Standort verfügt, kann der Pflanze mit einer Kartonschachtel oder einem lichtdichten Stoffsack die nötige Dunkelheit verschaffen.
  • Tropennacht-Simulator: In unserem Fall hat sich das Reduit als brauchbarer Tropennacht-Simulator (dunkel und warm) erwiesen — einzig das Hin- und Herfugen zwischen meinem Schreibtisch (Kurztag) und dem Gestell im Reduit (Tropennacht) war etwas mühsam, aber es hat funktioniert: Während etwa acht Wochen mit langen Tropennächten im Reduit färbten sich die neuen Blätter unseres Weihnachtssterns leuchtend rot.

Fazit

Der Photoperiodismus unserer Kurztagpflanze ist intakt und funktioniert dank Tropennacht-Simulator tipptopp. Jetzt sieht unser Weihnachtsstern nicht aus wie gekauft, mit fast ausschliesslich roter Blütenpracht, sondern wie ein kleines, mexikanisches Weihnachtsstern-Gebüsch mit einzelnen, leuchtend roten Blüten zwischen grünen Blättern. Und last but not least ist es ökologischer, nicht jedes Jahr einen Weihnachtsstern zu kaufen.

Die Geschichte vom Weihnachtsstern

SRF-Radiobeitrag (3:28) von Nora Meuli im «Echo der Zeit» vom 28.12.2022

Nora Meuli erzählt in ihrem Beitrag im «Echo der Zeit» vom 28.12.2022 die Legende von den «Nochebuenas», den Blumen der Heiligen Nacht, vom grossen Geschäft mit einer der meistverkauften Zimmerpflanzen der Welt, von der Herkunft der Weihnachtssterne in Schweizer Läden und vom Versuch mexikanischer Botaniker:innen, wieder ganz mexikanische Nochebuenas zu züchten.