Tag #37 von Klimaspuren führt von Yverdon-les-Bains über Orbe nach La Sarraz. Der erste Hälfte der Wanderung zieht sich: Die Ebene von Orbe mit riesigen Gemüsefeldern will nicht mehr aufhören. Doch dann in Orbe, einem recht schmucken Waadtländer Ort, beginnt das Hügelland am Jurasüdfuss. Jean-Michel, ein Mitwanderer, präsentiert das Système d’Échanges Local (SEL) de Bex et environs — ein klimafreundliches Tauschnetz für lokale Güter und Dienstleistungen. Der zweite Teil nach La Sarraz ist zwar auch weit, aber abwechslungsreicher und endet mit einer Weindegustation bei einem Weintüftler.

Mittwoch, 7. Juli, Tag #37

  • Route: Yverdon – Orbe – La Sarraz
  • Distanz: 26 km / 6.5 h
  • Aufstieg: 350 m, Abstieg: 280 m
  • Mein Total: 200 km / 56.5 h / Aufstieg: 5590 m / Abstieg: 5220 m

Positiv

  • In der Mittagspause präsentiert Jean-Michel das Système d’Échanges Local de Bex.

    Wo früher einmal das Schloss von Orbe stand (1475 von den Eidgenossen dem Erdboden gleichgemacht) machen wir Mittagspause. Mit grossem Engagement präsentiert Jean-Michel, ein Mitwanderer, sein SEL de Bex, dessen Ziel es ist, den Austausch von Waren, Wissen, Ideen und Dienstleistungen zwischen seinen Mitgliedern zu fördern. Auf lokaler Ebene schafft es ein soziales Netz, das mehr Lebensqualität bietet, Geld spart und die Verschwendung von Material und Energie reduziert. Im Unterschied zur Wirtschaft basiert es auf Grosszügigkeit und Solidarität fördert. Schliesslich verbindet es Menschen, die sich sonst wahrscheinlich nie begegnet wären.
  • Wie funktioniert’s? Mitglieder des SEL de Bex treffen sich jeweils am 10. jedes Monats im Maison Chevalley, zu einem buffet canadien, einer sympathischen Mitbringparty, die manchmal mit einer Veranstaltung (z.B. eine Aktion gegen Littering) verbunden wird, aber immer den Mitgliedern Gelegenheit gibt, Anfragen und Angebote zu Waren und Dienstleistungen machen. Sie können aber auch jederzeit eine an alle Mitglieder gerichtete E-Mail schreiben. Wer auf eine Anzeige positiv reagieren kann, wendet sich direkt an den Verfasser oder die Verfasserin.
  • Eine Zeit lang war das SEL de Bex ins Dachnetzwerk SEL Suisse eingebunden, hat sich dann aber aus diesem Verbund gelöst, weil es nicht mehr an der elektonischen Austauschplattform enlien.ch mitmachen und die Internetpräsenz reduzieren wollte. SEL de Bex schaffte auch die virtuelle Tauschwährung wieder ab, weil zu befürchten war, dass Mitglieder sich virtuell verschulden und deshalb auf Angebote verzichten würden. Auch virtuelles Geld führe sofort dazu, Waren und Dienstleistungen zu bewerten, und verringere so letztlich die Freigebigkeit und die Solidarität, meinte Jean-Michel.
  • Der Fischlift von Orbe

    Als wir am Dorfausgang von Orbe auf der Brücke beim Flusskraftwerk Le Moulinet standen, witzelten wir angesichts des tosenden Wasserfalls: „Und die Fische? Die nehmen den Fischlift!“ Aber dann mussten wir staunend zur Kenntnis nehmen, dass es hier tatsächlich einen Lift gibt, der zweimal am Tag Fische nach oben befördert. Über Fahrgastzahlen konnten wir leider nichts in Erfahrung bringen, aber die Regionalzeitung berichtete, dass es flussabwärts Probleme gebe: „Des turbines fatales aux poissons“ titelte La Région am 18.10.2016. Hoffentlich konnten die Seeforellen in der Orbe inzwischen überzeugt werden, dass es gesünder ist, den Lift zu nehmen!
  • Weindegustation auf der Veranda von Steve Bettschen, Weinbautüftler in La Sarraz.

    Zum Abschluss des Tages nimmt uns Patrick Schoenenberger, wissenschaftlicher Assistent und Praktikumsleiter an der Weinbaufachhochschule Changins, mit zu einer Weindegustation bei Weinproduzent Steve Bettschen. Wir diskutieren über die Auswirkungen des Klimawandels auf den Weinbau und degustieren drei Weine, die unter besonderen Umständen entstanden sind.

Negativ

    Schier endlose Teerwege in der Ebene von Orbe

  • Ein grosser Teil der Wanderroute ist auf Hartbelag, was zwar die Unterhaltskosten verringert, aber den Boden versiegelt und überhaupt nicht gut für Gelenke und Füsse der KlimawanderInnen ist. Der Grund fürs exzessive Betonieren und Teeren von Wald- und Feldwegen liegt — wie Köbi Gantenbein in seiner Postkarte schreibt —  in der Subventionsregelung: „Gemeinde und Kanton besorgen den Unterhalt, der Bund zahlt an den Bau. Also wird im Zweifelsfall gekoffert, betoniert und asphaltiert, was das Zeug hält. 30 Prozent der Wanderwege in der Schweiz gehen über Hartbelag, Klimaspuren im Waadtland ist auf gefühlten 90 Prozent unterwegs.“

Start und Ziel von Klimaspuren
auf der Kulturflaneur-Karte