Am Freitag zeigt Charlotte Wittmer im Kreuz Solothurn „Bränte“ — eine musikalisch-theatralische Geschichtencollage rund um Milch, Milchkannen und Molkerei. Doch was um Himmels Gotts Willen ist eine Bränte?
Also: Gemäss kleinem Sprachatlas der deutschen Schweiz ist eine Bränte ein Rückentraggefäss für den Milchtransport. „Vor allem auf der Alp, bei einer Produktion von mehr als 10 – 15 l, aber auch im nichtalpinen Gebiet, wurde die Milch in der Regel in nierenförmigen Rückentraggefässen mit Deckel transportiert. Dabei verwendete man anfänglich hölzerne, später metallene Modelle.“ Doch dieses Milchtransportgefäss heisst nicht überall gleich: In der östlichen Hälfte der Deutschschweiz ist es eine Tause, in der westlichen eine Bränte. Der „Bränte-Tause-Graben“ verläuft mehr oder weniger östlich der Reuss von Norden nach Süden, gut zu sehen auf dieser Karte:
Ab etwa 1910 wurde die Bränte/Tause zunehmend rascher durch die Milchkanne ersetzt, die auf einem Karren, Handwagen oder im Winter auf einem Schlitten transportiert wurde. „Die Verdrängung des Rückentraggefässes wurde dadurch beschleunigt, dass die Transportart auch eine deutliche soziale Markierung erhielt: Wer die Milch trug, war ein Kleinbauer, wer sie fuhr, ein Grossbauer.“ Interessant sind auch die weissen Flecken auf der Karte: Sie zeigen, dass zur Zeit der Erhebung in 1940/50er Jahren in den Städten bereits kein entsprechendes Wort mehr bekannt war.
Und wie sieht eine Bränte aus?
Charlotte Wittmer ist die eine Hälfte des Frauenduos Kapelle Sorelle. Sie ist als jüngstes von sieben Kindern in der Dorfmolkerei von Niedererlinsbach im Kanton Solothurn aufgewachsen. Ihre Erlebnisse im bäuerlichen Umfeld und die Erinnerungen an den Molkereibetrieb bilden den Ausgangspunkt für diesen gelungenen, musiktheatralen Soloabend rund um die Bränte.
8. März 2011 um 19:41 Uhr
Also bei uns sagt man auch der auf dem rechten Bild abgebildeten Kanne Taussä. Imfall. Sprachatlas hin oder her.
8. März 2011 um 21:40 Uhr
REPLY:
wir jetzt schon zwei Beispiele, bei denen der Atlas einfach nicht stimmt. Mein Beispiel: Laut Sprachatlas heisst „Pfütze“ bei uns „Glumpe“. Ich habe aber dafür nie ein anderes Wort als „Glungge“ gehört. Also fragte ich dann meinen Vater, der seine Kindheit in der ländlichsten Ecke der „Glumpe“-Region verbracht hat. „JäJo! Natürlich sagten wir ‚Glumpe'“, sagte er mit Nachdruck. Ich schliesse daraus, dass das Datenmaterial schon ziiiemlich alt ist.
8. März 2011 um 21:51 Uhr
REPLY:
Na ja… Streng genommen sagt der Sprachatlas wohl nur, dass ein Rückentraggefäss für den Milchtransport eine Tausse ist. Aber er sagt nicht, dass eine runde Milchkanne mit zwei Henkeln und einem Deckel keine Tausse ist. Das habe ich in meinem Kommentar einfach unterstellt (und der geschätzte Herr Kulturflaneur hat in seiner Bildunterschrift wohl das selbe getan), damit ich ein bisschen rummotzen konnte.
Aber ich war auch erstaunt zu lesen, dass sich das Buch auf Erhebungen aus den 40er und 50er Jahren stützt.
8. März 2011 um 22:03 Uhr
Einige Erhebungen stammen glaubs auch aus den siebziger Jahren. Leider gibts, soweit ich das gesehen habe, bei den Karten keine Angaben über das Alter der Erhebungen. Und ich müsste jetzt aufstehen, um das sicher zu klären. Zu faul.
Darf ich dafür noch bemerken, dass ich eben festgestellt habe, dass „e Bränte“ im Oberwallis „es Chüppli“ heisst – nicht „es Cüpli“…
sorry, es ist Fasnacht.
8. März 2011 um 22:04 Uhr
REPLY:
Übrigens wollte ich Ihnen, geschätzter Herr Kulturflaneur, noch danken. Bisher kannte ich das Wort Bräntä nur als Schimpfwort für eine zu breit geratene Frau. Was es eigentlich bedeutet, habe ich erst heute erfahren.
8. März 2011 um 22:08 Uhr
REPLY:
Ja, es ist Fasnacht. Auch wenn ich es, während ich mich tagsüber in reformierten Gefilden (sei es im Osten oder im Westen) aufhalte jeweils vergesse, wenn ich in Luzern am Bahnhof ankomme, weiss ich jeweils sofffort wieder. Lange dauert sie aber nicht mehr…