Schalltrichter sind Dual-Use-Produkte — sie können in zwei Richtungen verwendet werden: Um Schallwellen zu empfangen und zu verstärken, um besser zu hören (Hörrohr), oder um Schallwellen zu erzeugen und lauter zu machen (Grammophon, Blasinstrumente etc.). Bei meinem Freitagstexterbild handelt es sich um ersteres: um gigantische Hörrohre, die im Ersten Weltkrieg von den Japanern verwendet wurden, um gegnerische Flugzeuge zu hören, bevor sie zu sehen waren.
Madame de Meuron übrigens war eine Persönlichkeit aus dem Berner Patriziat, eine überzeugte Aristokratin (was in der demokratisch geprägten Schweiz eher selten ist). Ihr wird nachgesagt, dass sie unbekannte Personen sehr direkt fragte: „Syt dihr öpper oder nämet dihr Lohn?“ — „Sind Sie jemand oder beziehen Sie Lohn?“. Dieser Ausspruch galt schweizweit als typisch für den arroganten Umgang des Berner Patriziats mit Normalbürgern und war entsprechend verpönt. Angesprochen auf ihr Hörrohr, sagte Madame de Meuron: „So ghöre-n-i nume was i wott!“ — „So muss ich mir nur das anhören, was ich hören will!“.
War Tubas
Aufgenommen wurden die „war tubas“ anlässlich einer Inspektion durch Kaiser Hirohito. Auf rarehistoricalphotos.com, von wo mein Bild stammt, gibt es noch über ein Dutzend weitere solche Flugzeug-Hörapparate zu sehen — und diese Bilder hätten sich ausnahmslos alle für den Freitagstexter geeignet. Mit dem Durchbruch des Radars zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden diese „acoustic locators“ allesamt schrottreif.
Schon mit Wortmischers „Stalinorgel?“ wurde klar: Es muss sich bei diesem Apparat um eine Art militärisches Musikinstrument handeln, wenn auch Stalinorgel ein zynischer Euphemismus für einen todbringenden Raketenwerfer ist. Von insgesamt 13 Vorschlägen drehten sich neun um Beschallung im weitesten Sinne und nur drei ums Hören. Einzig bei Hubbies „Wunderwaffe gegen die Bolschewiki“ blieb offen, ob die Schalltrichter zum Abhören der Bolschewiki oder zum Übertönen der skandierten Parolen genutzt wurden. Doch kommen wir zur Preisverleihung:
Die Bronzetröte
geht an hele, weil er mit „Großer Lauschangriff v 0.1“ der wahren Funktion dieser Flugzeug-Hörapparate am nächsten kam.
Zwei Silbertrompeten
gehen zugleich an den Pedestrian für „endlich (…) anständige Bässe an der Military Parade“ und an Lakritze für die lautstarke Aufrüstung bei den fahrbaren „Tieftönern“.
Die goldene Wandertuba
geht an…
Aus den vierrädrigen Konfettikanonen
schneit es Konfetti in den päpstlichen Farben
goldgelb und weiss.
… den Wortmischer — nicht, weil er von meinem Freitagstexterbild gleich zu fünf Vorschlägen angeregt wurde, sondern weil er mit seinem „Fernsprechapparat für die erfolgreiche, wenn auch etwas einseitige Kontaktaufnahme mit dem katholischen OC (Obersten Chef)“ endlich den „wahren Grund für die Heiligsprechung von Papst Pius X. im Jahre 1954“ publik machte und weil er — last but not least — der einzige war, der vernünftig erklären konnte, warum die Schalltrichter der abgebildeten Apparate nach oben gerichtet sind. Herzlichen Glückwunsch!
Und hier geht’s zum nächsten Freitagstexter:
Die ewige Bestenliste auf Twitter: twitter.com/Freitagstexter
22. November 2017 um 8:55 Uhr
Na, besten Dank auch! Ich freue mich sehr und werde heut Nachmittag gleich mal nachsehen, was noch alles an geeignetem Bildmaterial in meinem Schuhkarton liegt.
(Im Übrigen haben mir diese japanischen „War Tubas“ sehr gut gefallen. Man ahnt ja gar nicht, was da so alles an Skurrilem in der Weltgeschichte erfunden wurde!)
24. November 2017 um 13:43 Uhr
Äh, was wollt‘ ich sagen. Ach ja: Hier geht’s zum nächsten Freitagstexter. Kommet zu Hauf, Psalter und Harfe wacht auf, lasset den Lobgesang hööören!
28. November 2018 um 10:59 Uhr
Ein sehr interessanter bericht.
Künstler Daniel Röösli aus Luzern.