Ich bin nicht sicher, ob ich als Mann überhaupt befugt bin, über den ersten Koffermarkt in Solothurn zu schreiben, betrug doch die Frauenquote bei den Ausstellerinnen 100%. Die rund vierzig Kunsthandwerkerinnen, die am 3. November im Kreuzsaal ihre Ware aus ihren Koffern anboten, sind natürlich überzeugt, schöne Sachen zu produzieren und zu verkaufen. Mich jedoch hat’s nicht gepackt. Ob’s daran liegt, dass Frauen Dinge anders sehen als Männer?

Vielleicht lag es auch nur daran, dass ich nach dem Konzert am Vorabend recht früh aus den Federn musste, um den Saal aufzuschliessen und beim Einrichten für den Koffermarkt zu helfen – die Veranstalterinnen waren zwar gut organisiert, aber ich bin definitiv kein Morgenmensch.

Aus der halben Deutschschweiz trudelten allmählich die Marktfahrerinnen ein – teils mit dem Auto, teils konzeptgerecht mit dem öffentlichen Verkehr. Die wenigen Männer waren für einmal zu Hilfspersonal degradiert – und waren als Chauffeure und Kofferschlepper zu Diensten. Wäre es mein Job gewesen, hätte ich den halben Morgen lang als Lichttechniker die Kofferschätze ins beste Licht rücken können…

Als dann die ersten potenziellen Käuferinnen – die wenigen Männer sind mit gemeint – eintrafen, herrschte eine aufgeräumte, erwartungsvolle und fröhliche Stimmung. Frau begutachtete das Angebot, das von individuell gestaltetem Schmuck über genähte Täschchen, gedruckte Kärtchen und gehäkelten Süssigkeiten bis zu Etageren aus Flohmarkttellern und gehobenen Mitbringseln reichte – unmöglich, die kunterbunten Kofferschätze in wenigen Stichworten zusammenzufassen.

Bei den gehäkelten Süssigkeiten kam mir unweigerlich die Frage in den Sinn, die ich hier schon zur Diskussion gestellt habe: Kann Stricken Kunst sein? Und zur Etagerenproduktion hätte ich massenhaft Teller beitragen können…

Aber auch im weiteren Verlauf des Koffermarkts konnte ich mich nicht fürs Angebot erwärmen. Als ich Frau Frogg davon erzählte und ihr diese Bilder zeigte, meinte sie: Diese Sachen sind wirklich schön. Da keimte in mir erstmals der Verdacht, dass Männer einen anderen Blick auf dekorative Dinge haben könnten als Frauen.

Dass ich mit den Kofferschätzen nichts anfangen konnte, lag vielleicht aber auch daran, dass mein Bruder, Frau Frogg und ich in der Woche davor mehrere Bananenschachteln voll „Tchotchkes“ erfolgreich entsorgt hatten. Tchotchke ist ein Wort, das mein Bruder aus Amerika mitgebracht hat und in der jüdischen Community in New York gebräuchlich ist. Es bedeutet etwas zwischen Schnickschnack, Nippes und Kitsch. Tchotchkes sind bestenfalls dekorativ, meistens nutzlos und manchmal nur noch Staubfänger…

Der erste Koffermarkt in Solothurn war jedenfalls gut besucht, die Stimmung war ausgezeichnet und die Organisatorinnen zufrieden. Ich jedoch bin mir seither sicher: Frauen haben einen anderen Blick auf die Dinge als Männer!

Das Kreuz Solothurn
auf der Kulturflaneur-Karte