„Ganz Gallien ist von den Römern besetzt. Ganz Gallien? Ein kleines Dorf widerspenstiger Gallier leistet immer noch erbitterten Widerstand…“, so beginnt jeder Asterix-und-Obelix-Band. Und so könnte auch die Geschichte der Freien Republik Gersau beginnen — ein Besuch im ehemals kleinsten Freistaat der Welt.
Zu Besuch bei einer Freundin, die seit kurzem in der freien Republik Gersau lebt, fuhren wir vorgestern ausgerechnet mit Motorschiff Europa. An einem so traumhaft schönen Tag waren wir selbstverständlich nicht die einzigen an Bord von MS Europa…
1. Historisches Unikum
Gemäss Wikipedia war Gersau seit 1332 als selbständige Einheit Teil der Waldstätten, der Urschweiz also. 1390 kaufte es sich von Habsburg los und erlangte 1433 die Reichsunmittelbarkeit durch Kaiser Sigismund. Seither war die knapp 24 km² grosse reichsfreie Republik ein Zugewandter Ort der Eidgenossenschaft — und als kleinster Freistaat der Welt ein historisches Unikum. 1798 wurde Gersau der Helvetischen Republik zugeteilt. Nach dem Zusammenbruch der Helvetik war Gersau noch für einige Jahre selbständig. 1817 war jedoch fertig lustig: Die Tagsatzung, die Versammlung der Abgeordneten aus den Kantonen, beschloss, Gersau gegen seinen Willen dem Kanton Schwyz anzufügen. Noch heute bildet die Gemeinde Gersau einen eigenen Bezirk.
2. Seidenspinnerei und Tourismus
Gersau ist bekannt für seine Seidenspinnerei, deren Wurzeln bis 1730 zurückreichen. Josef Augustin Reding aus Schwyz, der Begründer der Gersauer Seidenindustrie, erhielt in der freien Republik Gersau die notwendigen Bewilligungen, die ihm die Schwyzer Behörden verweigert hatten. 1846/47 begann mit dem Bau einer ersten Fabrik die Industrialisierung der Gersauer Seidenspinnerei. Zwei weitere folgten 1859 – 61. Damals wie heute liefert der Dorfbach die notwendige Energie.
Mit der aufkommenden Dampfschifffahrt (ab 1860) wurde Gersau zu einer Touristendestination — das milde Klima am Südabhang der Rigi sorgt dafür, dass in Gersau Edelkastanien und Palmen wachsen. Klimatisch fühlt man sich ans Tessin erinnert, allerdings ist es wohl eher Zufall, dass das Gersauer Wappen genau gleich aussieht wie dasjenige des Kantons Tessin. Dass die touristische Infrastruktur an der „Riviera“ des Vierwaldstättersees trotz mediterranem Klima mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, ist angesichts geschlossener Hotels und Restaurants nicht zu übersehen. Gemäss einem Artikel in der Zeitschrift Heimatschutz/Patrimoine 1-2011 mit dem Titel Gersau und Brunnen SZ — Wohnen und Tourismus in Konkurrenz ist die Zahl der Übernachtungen in Gersau zwischen 1995 und 2007 um satte 45’000 pro Jahr zurückgegangen. Wenn pro Tag 125 Gäste fehlen, ist das mit einer Strategie, die notgedrungen auf Tagestourismus setzt, nicht zu kompensieren.
3. Dubiose Wolke am Stanserhorn
Es war so heiss, dass wir uns zu einem Bad im Vierwaldstättersee entschlossen, nicht in der Badi, sondern am Gersauer Flanierquai:
Die Einheimischen, die von der Quaimauer direkt ins kühle Nass sprangen, meinten zur Wassertemperatur: „Das isch ja wie-n-es heisses Kafi!“ — zuvor hatten sie noch in einem Bergsee gebadet, der wahrscheinlich richtig kalt war. Wir hingegen empfanden die geschätzten 22 Grad als angenehme Abkühlung.
Dann machte uns unsere Gastgeberin auf eine dubiose Wolke am Stanserhorn aufmerksam:
4. Standesgemässe Rückfahrt
Aus dem widerspenstigen gallischen Dorf an der Rigi fuhren wir standesgemäss zurück nach Luzern — mit dem schnellsten Raddampfer der Vierwaldstätterseedampferflotte, der „Gallia“:
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