Immer wenn Frau Frogg mit mir in die Ferien muss, sinkt ihre Stimmung gegen null. Der Vorferienstress schlägt ihr auf die Ohren — ganz egal, wie stressfrei ich die Ferien organisiert habe. Heuer war sie gestresst, weil sie keinen „Bündelitag“ hatte, das heisst keinen freien Tag zwischen letztem Arbeitstag und Abreise, um ihr „Bündeli“ zu packen. Deshalb war sie auch am ersten Tag nach unserer Ankunft in Orselina schlecht gelaunt. Ausserdem regnete es und wir mussten schon zum ersten, aber auch einzigen Mal ins Museum.
Das Wetter am ersten Ferientag ist nicht wirklich so, wie man es sich für die Ferien wünscht. Wir sind definitiv ein Tag zu früh in die Ferien gefahren! Doch wir nehmen’s gelassen und entscheiden uns für ein Schlechtwetterprogramm: zu Fuss nach Locarno, gemütliches Mittagessen und dann ein Museumsbesuch.
Der Sacro Monte Madonna del Sasso ist die touristische Hauptattraktion von Orselina. Jetzt soll der Wallfahrtsort auch noch Weltkulturerbe werden — jedenfalls hat der Tessiner Staatsrat am 9. Juni 2015 entschieden, beim Bundesamt für Kultur einen Antrag einzureichen, dass die beiden heiligen Berge von Brissago und Madonna del Sasso ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen werden sollen. Jetzt liegt es an Bern, diesen Antrag nach Paris weiterzuleiten. Das Tessin ist allerdings mit drei von elf Schweizer Welterbestätten schon gut vertreten.
Weltkulturerbe hin oder her verschieben wir die Besichtigung auf später, steigen den Treppenweg hinunter nach Locarno und genehmigen uns auf der Piazza Grande ein gemütliches Mittagessen unter einem Sonnendach, das uns vor dem strömenden Regen schützt. Auf einer Plakatsäule sehen wir ein auffälliges gelbes Plakat, das uns zum Besuch der Arp-Ausstellung in der Pinacoteca comunale Casa Rusca animiert.
In der städtischen Pinakothek besuchen wir zuerst die Räume der „Sinopia“, wo die Casa Rusca unter dem Titel „Locarno Art“ eine Reihe von Ausstellungsterminen mit aktiven Tessiner Kunstschaffenden lanciert.
Die grossflächigen, mit kräftigen Farben gemalten Bilder von Nando Snozzi zeigen fast nur Gesichter — meist sogar nur den Ausschnitt zwischen Kinn und Stirn. Der Gesichtsausdruck wird dadurch noch intensiver. Durch die enge Hängung wirken diesen ausdrucksstarken Gesichter eindringlich, wenn nicht gar bedrohlich. Kein Wunder, musste Frau Frogg schreien…
Der Maler, Bildhauer und Lyriker Jean Arp (1886 – 1966) ist einer der bedeutendsten Vertreter des Dadaismus und Surrealismus. Arp ist viel in der Welt herumgekommen, mal auf Reisen, mal auf der Flucht. Doch nur wenigen seiner zahlreichen Lebensstationen war er besonders verbunden — dazu gehört sicher die Region Locarno-Ascona. 1915 war er zum ersten Mal in Ascona und auf dem Monte Verità, den er danach auch mit Sophie Täuber-Arp immer wieder besuchte. Aufgrund dieser Verbundenheit wählte Arp Locarno als Wohnsitz für die letzten Jahre seines Lebens. Zusammen mit seiner zweiten Frau, Marguerite Hagenbach (1902 – 1994), kaufte er 1959 ein Haus in Locarno-Solduno. Als 1965 eine Ausstellung im Castello Visconteo von Locarno Werke Arps und anderer Künstler der Sammlung Arp-Hagenbach präsentierte, überliess Arp noch vor Ausstellungsende sämtliche Exponate der Stadt Locarno als Geschenk in der Absicht, damit den Grundstock zu einem Museum moderner Kunst anzulegen.
Eine zweite Konstante zieht sich durch Arps Leben: Dieser Künstler muss ein ausgezeichneter Networker gewesen sein. Er kannte Gott und die Welt — und viele Künstlerinnen und Künstler seiner Zeit auch persönlich. Aus seiner ständigen Bereitschaft zur Begegnung und zum Austausch mit Kollegen ergaben sich gemeinsame Projekte und Freundschaften: Arp war der Bezugspunkt für eine grosse und vielseitige Gruppe von Künstlern, die um ihn jene „Galaxie“ bildeten, die in den Räumen der Casa Rusca präsentiert wird: La galassia die Arp.
Ein Fixstern in der Galaxie von Arp war Kurt Schwitters (1887 – 1948), von dem dieses augenzwinkernde Werk stammt:
10. Mai 2019 um 12:23 Uhr
Kunst kann sehr spannend sein. Wünsche allen viel Freude Und Erfolg. Künstler Daniel Röösli aus Luzern.