Das dritte Etappenziel unserer Reise in die Südschweiz war Lugano. Hier erwartete uns ein Tag voller Überraschungen — gut, dass wir uns treiben liessen!
Überraschung: Schnee auf den Tessiner Hügeln
Am Vorabend hatte es gestürmt. Ein garstiges Herbstgewitter hatte die Gassen von Lugano leergefegt und meinen angeschlagenen Knirps endgültig zerstört. Dass es aber so tief runterschneien würde, hätten wir dann doch nicht gedacht!
Und als ich frühmorgens vom Hotelbalkon Richtung Süden blickte, hätte ich nicht gedacht, dass uns ein so schöner Herbsttag erwartete.
Überraschung: Stromausfall in der S-Bahn
Abends wollten wir Freunde im Mendisiotto besuchen und planten deshalb eine Wanderung mit Ausgangspunkt Mendrisio, doch es kam anders, weil der Strom ausfiel, kaum war der Zug in Lugano abgefahren. Der Lokführer liess die Komposition nach Lugano-Paradiso (1) hinunterrollen, wo er anhielt und die Passagiere aussteigen liess. Die Lautsprecherdurchsagen zur Fortsetzung der Fahrt blieben vage und verhiessen eine längere Wartezeit, so dass wir kurzerhand unsere Pläne änderten, ausstiegen und auf den San Salvatore fuhren.
Überraschung: Frau mit Schleier
Ein bisschen überrascht und einigermassen irritiert war Frau Frogg, als wir in der Bergbahn auf den San Salvatore (2) auf eine orientalische Frau mit Schleier trafen — hatte doch zwei Wochen zuvor der Tessiner Souverän mit 65.4% Ja ein Burkaverbot gutgeheisssen. Diese Verfassungsänderung muss allerdings auch noch von den Eidgenössischen Räten abgesegnet werden.
Überraschung: Schöne Plakate auf dem Berg
Am Weg von der Bergstation zum Gipfel (2) zeigt die Dauerausstellung „Die Schweiz ein Wassererlebnis“ 32 alte touristische Plakate aus den Jahren 1885 bis 1950: Schöne alte Plakate faszinieren mich — so auch diese touristischen Werbeplakate.
Überwältigend: das Panorama
Der Rundblick vom Monte San Salvatore (2) war überwältigend, weil das Wetter und die Sicht viel besser waren, als wir am Morgen noch erwarten konnten:
Überraschung: das Pilzrisotto im Grotto
Nach einem relativ steilen Abstieg erreichten wir den Weiler Ciona (3). Es war Zeit fürs Mittagessen, das Grotto hatte offen und servierte an den Steintischen der Gartenbeiz ein Pilzrisotto, das ausgezeichnet schmeckte.
Keine Überraschung: ein schmuckes Dorf
Dass das Künstlerdorf Carona (4) ein wahres Schmuckstück ist, war für mich keine Überraschung, denn vor Jahrzehnten war ich hier zweimal in den Sommerferien. Aber auch Künstlerpersönlichkeiten wie Meret Oppenheim, Kurt Kläber und Lisa Tetzner, Maria Braun, Hermann Hesse und nicht zuletzt Bertolt Brecht fanden Gefallen am schmucken Tessinerdorf hinter dem San Salvatore und verbrachten hier viel Zeit.
Unser Weg führte uns am Grab von Meret Oppenheim (1913 – 1985) vorbei, die auf dem Friedhof von Carona beerdigt ist. Auf Vimeo habe ich einen englischsprachigen Ausschnitt aus „IMAGO Meret Oppenheim“, einem Künstlerinnen-Portrait (CH 1988, 16 mm, Farbe, 90 Min.), gefunden, der ganz am Anfang eine kurze Filmsequenz aus Carona zeigt:
Überraschung:
Stille Kirche mitten im Wald
Hinter dem weitherum bekannten Freibad von Carona, das im Sommer sogar Gäste aus Norditalien anzieht, befindet sich mitten im Wald eine stille Kirche: Santa Maria d’Ongero (5). Die 1624 erbaute Barockkirche wurde wegen eines mirakulös erhalten gebliebenen Marienbilds aus der früheren Kapelle zu einem Wallfahrtsort. Inzwischen ist es um die Kirche im Wald wieder still geworden…
Überraschende Aussichten
Der Weg führt allmählich hinab nach Morcote. Im lichten Wald (6) waren immer wieder der Lago di Lugano und das gegenüber liegende italienische Ufer zu sehen:
Wenig überraschende Tessiner Ikone
Morcote (7), die am Ende der Halbinsel gelegene „Perle am Luganer See“, ist der tausendfach abgelichtete Inbegriff eines Tessiner Dorfs und deshalb nicht wirklich überraschend, aber immer noch attraktiv, wenn auch von parkierten Autos zugestellt:
Überraschung: Das Postauto kommt doch noch!
Wenn nicht noch andere Leute an der Haltestelle herum gestanden wären, hätten wir die Hoffnung, dass das Postauto doch noch fährt, aufgegeben. Doch mit einer für die Schweiz unüblichen Verspätung von fast einer halben Stunde brachte uns der postgelbe Bus nach Melide (8):
Fazit: Eine überraschender Tag mit einer schönen Wanderung, die so nicht geplant war, bei unerwartet schönem Wetter.
27. Dezember 2013 um 20:09 Uhr
unbedingt anmerken: Ich war nicht irritiert über die Frau. Ich BIN irritiert über das Verbot.