Letzten Sonntag haben die Schweizer StimmbürgerInnen wieder einmal alles abserviert, was ihnen aufgetischt wurde: Mit 65.3% NEIN wurde die 1:12-Initiative für gerechte Löhne wuchtig verworfen, mit 60.5% NEIN die Preiserhöhung der Autobahnvignette von 40 auf 100 Franken bachab geschickt und mit 58.5% NEIN auch die Familieninitiative deutlich abgelehnt. Die Schweiz — ein einig Volk von NEIN-SagerInnen? Das könnte man vermuten angesichts der rot eingefärbten Karten mit den Abstimmungsresultaten, die in den meisten Medien präsentiert wurden. Doch bei allen Vorlagen gab es auch Gebiete, die gegen den Trend JA gestimmt haben.
Wo leben also diese „Utopisten“, die am letzten Sonntag fanden, es genüge vollauf, wenn der Chef oder die Chefin eines Unternehmens maximal 12 mal soviel verdiene, wie der oder die schlechtest bezahlte ArbeitnehmerIn?
Die interaktive Karte mit den Abstimmungsresultaten nach Bezirken*) bringt es an den Tag: Die letzten Sozialisten der Schweiz wohnen in den Städten, wo die 1:12-Initiative mit durchschnittlich 40.4% JA auf die geringste Ablehnung stiess, aber vor allem im Freiberger Jura und in La-Chaux-de-Fonds, in den Tessiner Tälern und im Mendrisiotto, wo die 1:12-Initiative sogar angenommen wurde. Im von grossen Gegensätzen geprägten Tessin schaffte die 1:12-Initiative beinahe die Sensation: Mit 49% JA wurde das Anliegen gerechterer Löhne beinahe angenommen.
Ebenso uneinheitlich ist das Bild, das sich bei der Abstimmung über die Erhöhung des Autobahnvignettenpreises ergibt:
Angenommen wurde das Nationalstrassenabgabegesetz*) in den Neuenburger Jura-Bezirken Le Locle und La-Chaux-de-Fonds und im Walliser Bezirk Raron — alles Gebiete, die vom Netzbeschluss des Bundes profitiert hätten (vgl. folgende Karte). Angenommen wurde die Vorlage auch in den verkehrsgeplagten Städten Luzern und Zürich sowie in Solothurn.
Das uneinheitliche Bild ergab sich vermutlich auch deswegen, weil die Erhöhung des Vignettenpreises von einer unheiligen Allianz bekämpft wurde: Aus ganz unterschiedlichen Gründen lehnten sowohl die Autolobby als auch Grüne die Vorlage des Bundesrates ab.
Bei der Familieninitiative tat sich wieder einmal der altbekannte Stadt-Land-Graben auf:
Betrachtet man diese Karte*), sind nicht nur die Kantone Schwyz und Uri, die die Familieninitiative angenommen haben, grün eingefärbt, sondern auch zahlreiche ländlich geprägte Bezirke im Wallis, im Berner Oberland, im Luzerner Hinterland, in der Nordostschweiz und im Bündnerland — dünner besiedelte, ländlich-konservative Gebiete, die jeweils von dichter besiedelten, urbaneren und fortschrittlicheren Bezirken in ihren Kanton überstimmt wurden.
Fazit: Ein NEIN bleibt auch bei genauerem Hinschauen ein NEIN, dennoch ist es interessant, wo wer nicht NEIN, sondern JA gesagt hat.
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