„Clash“ heisst die aktuelle Ausstellung des Krienser Künstlers Thomas Muff im relativ neuen Kunstraum Hermann in Hochdorf. Wir waren an der Vernissage und liessen uns überraschen: Von der neuen „Kunsthalle“, von Thomas Muffs neuen Werken und vom feinen Risotto, das draussen im Hof serviert wurde.
In Abstrakt-konkrete Landschaften habe ich Thomas Muffs Arbeitsweise schon einmal beschrieben: Er arbeitet in Schichten. In einer ersten, abstrakten Schicht herrscht das kontrollierte Chaos — Muff trägt Farben nicht gerade Action-Painting-mässig, aber doch grosszügig und grossflächig auf. Inhalte sind noch keine zu erkennen. Für eine zweite, konkretere Schicht projiziert er Fotos und Bilder auf die erste Schicht und überträgt holzschnittartig und selektiv Inhalte auf das entstehende Werk. So kommt Ordnung ins Chaos — zugleich entsteht ein Clash zwischen abstrakter und konkreter Ebene: die wilden Farben in den Leerstellen prallen auf die dunklen, monotonen und ordnenden Strukturen der zweiten Schicht.
Bei „Le Mont-Blanc“ ist es umgekehrt: Die inhaltliche Ebene — ein hochformatiger Holzschnitt von Félix Vallotton von 1892 — ist weiss und dominiert die linke Bildhälfte, wo dunkle Farben die sonst schwarzen Flächen des Holzschnitts ausfüllen. In der rechten Bildhälfte, wo die inhaltliche Ebene fehlt, stehen die mit breitem Pinsel und schwungvoller Bewegung aufgetragenen abstrakten Strukturen im Gegensatz zu den links zitierten Bergen Vallottons, und setzen sie zugleich fort, wenn auch in anderer Form. Manchmal ergänzen sich die beiden Ebenen aber auch, indem die wilden Farbflächen der Chaos-Ebene scheinbar zu Inhalten der Konkret-Ebene werden. Plötzlich werden so Pinselschlieren und gelb-braune Flächen zu Felsen und herbstlich gefärbten Wiesen im Vordergrund einer Passlandschaft.
Ölberge und Wagemutige
Neu für mich waren nicht nur die Vallotton-Zitate — die Holzschnitte eignen sich für Thomas Muffs zweite Bildebene hervorragend und funktionieren wie die selektiven Bildelemente aus privaten Fotos und Bildern, sondern auch die dreidimensionalen Objekte und die letztes Jahr begonnene Serie Daredevils. Etwas biblisch sind die Berge aus Ölfarb-Resten benannt: Die Ölberge im Untergeschoss sind ein witziges und überaus farbenfrohes Nebenprodukt von Muffs Ölmalerei. Mit den Bergen verbunden sind auch die allermeisten Daredevils, Wagemutige, die den Teufel herausfordern. Dabei handelt es sich meist um berühmte Bergsteiger, wie Anderl Heckmair, Wanda Rutkievicz oder Edmund Hillary, oder um Entdecker, wie Vasco da Gama, der den südlichen Seeweg nach Indien fand. Zu erkennen sind sie auf den Beinahe-Portraits allerdings kaum — Thomas Muff malt diese Wagemutigen nämlich ebenfalls in zwei Schichten: Zuerst die Chaos-Schicht und dann das Portrait, das heisst: Muff übermalt alles, was nicht zur abgebildeten Person gehört, in einheitlichen Farbtönen. Zu sehen ist schliesslich meist nur der Umriss des/der Wagemutigen, nur in wenigen Bildern auch weitere Details des Gesichts. Innerhalb der Konturen des Daredevils verbleibt Thomas Muffs Wagemut der ersten Schicht…
„Clash“, die absolut sehenswerte Einzelausstellung von Thomas Muff, widerspiegelt sehr schön die Entwicklung des Künstlers in den letzten zwei, drei Jahren. Zu sehen ist sie noch bis am Freitag, 23. Oktober 2015, im Kunstraum Hermann in Hochdorf. Dieser vom Holzskulpturen-Künstler Alois Hermann initiierte Kulturraum versprüht viel Charme und ist an sich schon eine Reise wert. Nächsten Sonntag, am 27. September, gibt’s übrigens um 11 Uhr eine Führung durch die Ausstellung im Beisein des Künstlers. Ob wieder so ein feines Risotto serviert wird, wie an der Eröffnung, weiss ich nicht.
24. September 2015 um 22:40 Uhr
Hallo
Dein Beitrag ist echt toll.
Gefällt mit mir sehr gut.
Leider gibts nach der Führung am Sonntag kein Risotto.
Jedoch einen kleinen Apéro.
An der Finissage brauen wir ein heisses Süppchen.
Gruss
Alois
27. September 2015 um 0:57 Uhr
Apero ist immer gut! Merci fürs Echo.